Altensteigs Stadtkirche erlebte eine beeindruckende Premiere des neuen Jugend-Barock-Ensembles des Landes. Foto: Martin Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Christophorus-Kantorei und das neue Jugend-Barock-Ensemble des Landes krönen den Musiksommer in der Altensteiger Stadtkirche

Von Martin Bernklau

Altensteig. So schön kann Sterben klingen! Niccolò Jomelli fasste sein "Requiem" für die Mutter seines schwäbischen Herzogs in so gefällige Töne, dass selbst das Moll oft wie mild-freudiges Dur wirkte. Mit diesem vorklassischen Werk hob die von Michael Nonnenmann geleitete Christophorus-Kantorei das neugegründete Landes-Jugend-Barockorchester in der vollbesetzten Stadtkirche aus seiner Orchestertaufe. Es war der große Abschluss des Altensteiger Musiksommers.

Die Christophorus-Kantorei als Chor hat mit Michael Nonnenmann langjährige Erfahrungen mit den historischen Weisen des Musizierens. Da gibt es kein Vibrato in den Stimmen, erst recht kein waberndes Tremolieren, sondern nur einen reinen und ganz unverzierten, möglichst schönen klaren Klang. Das ist schwer und will sorgsam geübt sein. Es hat auch bei einem gemischten Chor dann etwas von dem eigenartigen Klangzauber der Knabenchöre. Und mit dieser Erfahrung nahm die Altensteiger Christophorus-Kantorei jenes Landesjugendbarockorchester ganz in seine Obhut, das beim Altensteiger Musiksommer seinen ersten großen Workshop und mit dem Jomelli-Requiem seine Orchestertaufe hatte, den ersten öffentlichen Auftritt.

Zu Barock oder Alter Musik gehört Niccolò Jomelli, der aus Neapel stammende, ganz italienisch geprägte Hofcompositeur zu Ludwigsburg und Stuttgart, nun fast schon nicht mehr. Ihn begeisterten die brillanten "Raketen"-Läufe der Mannheimer Stamitz-Schule und dieses schwellende Crescendo oder langsame Leiserwerden, das den barocken Gegensatz von Laut und Leise in der Mitte des 18. Jahrhundert so elegant verfeinerte. Strenge Fugen konnte er auch komponieren. Aber er bevorzugte mit dem höfischen Zeitgeschmack einfache Formen, die sich in charmant schwerelose Harmonien einbetten ließen.

Das neue Orchester, unter seinem Gründer und Mentor Gerd-Uwe Klein vom berühmten Freiburger Barockorchester auf alte Spieltechniken und Instrument-Mensuren eingeschworen, mit heiklen Darmsaiten – allein 24 der hohen E-Saiten sollen während des Workshops der Spannung nicht wie die modernen Stahlteile standgehalten haben – mit Nachbauten und umgekehrt gewölbten Bögen, es war auf einem technisch sehr hohen Niveau, wirkte aber noch nicht ganz so frei für das neue Alte wie die Sänger. Auch die hochempfindliche Tonhöhe erforderte dann ein ausgiebiges Nachstimmen zwischendurch.

Im Chor, in den auch die vier wunderbar klaren Gesangssolisten Theresa von Bibra und Elena Beuerle (Sopran und Alt), Tenor Jonas Schüsselin und Glenn Daly als Bass voll eingebunden waren, machte das zierlose glockenreine Singen ebenso wenig Probleme wie das biegsame An- und Abschwellen, das der hochproduktive und seinerzeit europaweit berühmte Jomelli gemeinsam mit seinen komponierenden Zeitgenossen vielleicht erfunden hat. Der große Bach war gerade gestorben, seine Söhne zählten auch zu den Pionieren des "galanten Stils" vor Haydns und Mozarts Wiener Klassik.

Calwer Musikschule als Keimzelle

Von ihrem Dozenten Gerd-Uwe Klein als mit-leitendem Konzertmeister angeführt, brachten die Täuflinge aus der Calwer Musikschule als Keimzelle, aus dem ganzen Kreis, aus Pforzheim und inzwischen vielen Teilen des Landes auch rasante Läufe mit bemerkenswerter Brillanz zum Glitzern und ließen die vielen harmonischen Schichtungen in warmer Klangpracht erblühen.

Die Altensteiger Paten konnten auf sich ebenso stolz sein wie auf die Premiere ihrer Täuflinge an den barocken Streichinstrumenten. Das Publikum, teils noch direkt vom Wandelkonzert in Festival-Stimmung, feierte die Musiker dieser nun gar nicht so trübsinnigen, nachbarock-höfischen Totenmesse mit besonders langem, restlos begeisterten Applaus.

Für das neue Landesjugendbarockorchester deutet alles auf eine Erfolgsgeschichte hin. In Altensteig wird sie begonnen haben.