Die vier Saxofonisten präsentierten sich in bester Spiellaune und setzten nach dem Konzert im Foyer noch eins drauf. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Amstel-Quartett gibt umjubeltes Konzert im Altensteiger Bürgersaal / Saxofonisten lassen Mozart unmerklich swingen

Von Maria Kosowska-Németh Altensteig. Seit einigen Jahren erregt das Amstel-Quartett, eine junge Saxofon-Gruppe aus Amsterdam, die Aufmerksamkeit zahlreicher Musikkenner und sorgt mit unkonventionellen Einfällen auch unter den Zuhörern für Furore. Es grenzt also an ein Wunder, dass dieses Kammerensemble von Weltformat, bereits ein willkommener Gast in der Carnegie Hall und in Concertgebouw, die Einladung in den Schwarzwald angenommen und dadurch einen weiteren weißen Fleck auf seiner Tourneekarte getilgt hatte.

Virtuosität, die verblüffte, Musikalität, die bewegte und Expressivität, die berührte – diese drei Charakterzüge des Quartetts beeindruckten das Altensteiger Publikum zutiefst. Im Spiel höchst konzentriert und locker im direkten Kontakt präsentierten Remco Jak (Sopran-), Olivier Sliepen (Alt-), Bas Apswoude (Tenor-) und Ties Mellema (Baritonsaxofon) einige Originalkompositionen und auch ungewöhnliche Transkriptionen aus ihrem umfangreichen Repertoire.

Der jüngere Bruder der Klarinette, das Sopran-Saxofon, wurde 1846 geboren, als der belgische Instrumentenbauer Adolph Sax das von ihm neu entwickelte Holzblasinstrument patentieren ließ. Kurz darauf entstand eine ganze Saxofon-Familie. Bald hielt sie Einzug vor allem in die Jazzmusik, wobei die klassische Originalliteratur zunächst eher bescheidener ausfiel. Deshalb arrangierten die vier Amsterdamer selbst die zahlreichen Kompositionen für ihren Quartett-Bedarf – mit überwältigender Wirkung.

Durchgehend ohne Noten, lediglich auf ihren eigenen Musikinstinkt und Partitur-Verständnis angewiesen, folgten die vier jungen Männer mit jeder Faser ihrem inneren Gespür. Der Brahms’sche Walzer aus der 3. Symphonie bewahrte neben der kompletten Harmonie seine verletzliche Tristesse und unterschwellige Leidenschaft. Der rasant schnelle "Sunrain" des Komponisten Tan Dun bestach durch klare Stimmenführung in allen dynamischen Schattierungen und agogische Wendungen. Das eigens für das Amstel–Quartett von G. Lago komponierte "Ciudades" verwandelten die Saxofonisten in ein suggestives Städte-Porträt, das durch dornige Rhythmen belebt und mit einem emporsteigenden, meisterhaften Sopran-Glissando gekrönt wurde.

Mit authentischer Hingabe, im faszinierenden homogenen Zusammenspiel und mit edlem, geschmeidigem Klang interpretierten die Bläser ein kleines Juwel der impressionistischen Musik, die "Pavane für eine entschlafene Infantin" von Ravel. Zum Konzertschluss schien es, als ob sie einer Fuge von Mozart, in der das federleichte Motiv transparent zu hören war, auch einen subtilen, unmerklichen Swing-Hauch einbliesen.

Zwei Zugaben nach dem frenetischen Beifall erst zeichnete sich ein vorübergehendes Konzert-Ende im Bürgersaal ab. Im Foyer nämlich spielten die gut gelaunten Niederländer aus freien Stücken weiter. Dieses spontane i-Tüpfelchen für vier Saxofone genoss das Publikum nicht weniger als das Meisterkonzert selbst.