Norman Hothum pflegt die Kunst des »Schönschreibens«, die heutzutage vor allem bei festlichen Urkunden und Einladungen gefragt ist. Foto: Köncke

Kunsthandwerker zeigen im Altensteiger Schloss alte Fertigkeiten. Ausstellung am Sonntag letztmals zu sehen.

Altensteig - Die Osterausstellung im Altensteiger Museum ist auch in diesem Jahr ein Publikumsmagnet. Besonders an den Feiertagen strömten die Besucher scharenweise ins Alte Schloss.Wie Frauen im Mittelalter gelebt haben und welche Rolle das Ei als Fruchtbarkeitssymbol und Zahlungsmittel gespielt hat, stieß auf überregionales Interesse. Dabei konnten die Besucher im Schlossmuseum nicht nur wertvolle Exponate betrachten, sondern an jedem Öffnungstag auch Kunsthandwerkern bei deren kreativer Arbeit zuschauen. Meinrad Buckenmaier stellte an den Osterfeiertagen neue Keramiken vor, Marie-Luise Böttcher versteht sich auf das mittelalterliche Weben – und ließ kleine wie große Museumsbesucher an der Kunst des Fingerflechtens teilhaben. Walter Mohr aus Egenhausen informierte, wie Bienenwachskerzen hergestellt werden und was unterschiedliche Honigsorten auszeichnet. Gunther Rapp erklärte die Feinheiten des Buchbindens.

Im ersten Stock hatte sich an den Osterfeiertagen Gerda Müller-Häcker niedergelassen. Vor ihr stand eine mit Brei gefüllte Zinnwanne, auf dem Tisch lagen ein Holzrahmen und ein Sieb, die sie beide in eine grünlich schimmernde Melasse tauchte. Die Seewälderin versteht sich aufs Papier schöpfen – eine Technik, die zum ersten Mal vor 2000 Jahren in China angewandt wurde. Bei der Ausstellung erklärte sie die einzelnen Schritte. Papierschnipsel werden gekocht, mit einer Küchenmaschine püriert und in ein wassergefülltes Behältnis gekippt. Das Sieb fängt im Holzrahmen einen Teil der "Brühe" auf, die anschließend "abgegautscht" (gepresst), zum Trocknen auf die Wäscheleine gehängt und schließlich gebügelt. wird. Das Papierschöpfen von Hand zeigt Gerda Müller-Häcker auf Kunsthandwerkermärkten. Bei ihrer Arbeit mit geistig behinderten Erwachsenen der Gustav-Werner-Stiftung in Schernbach ist es für die hauptberufliche Heilpädagogin ein Teil der kreativen Freizeitbeschäftigung.

Im zweiten Stock begegnet den Besuchern ein Ehepaar aus Riegel bei Freiburg. Michelle Hothum hat Holzeier mit spirituellen Motiven handbemalt. Zwei Meter weiter sitzt ihr Mann Norman hinter einem Sekretär, taucht den Gänsefederkiel in ein mit Eisengallustinte gefülltes Glas und malt schöngestaltete Schriftzeichen auf eine bearbeitete Tierhaut (Pergament).

Norman Hothum ist Kalligraf und Buchillustrator mit einem eigenen Atelier. Vor vier Jahren war er zum ersten Mal im Altensteiger Schlossmuseum. Und weil die Osterausstellung das Mittelalter thematisiert, habe er die Einladung von Museumsleiterin Birgitta Dieterle gerne angenommen. In ganz Europa fänden sich, erklärt er, historische Werke antiker und mittelalterlicher Kalligrafen, die vielfach in Klöstern entstanden seien und durch teure Ausstattung und reichhaltige Details bestächen. Heutzutage würde das "Schönschreiben" meistens bei der Gestaltung festlicher Urkunden, Plakate oder Goldener Bücher von Städten und Gemeinden Verwendung finden.

Hothum ist nicht nur "Schönschreiber", sondern seit 1991 Buchillustrator. Seine detailreichen Bilder sind im Wesentlichen von der gotischen Buchmalerei geprägt und inspiriert. In Altensteig konnte man einige dieser kostbaren, bis zu 3000 Euro teuren "Gemälde" besichtigen. In einer "Bilder-Zeitreise" hat sich der Künstler auch des mittelalterlichen Alltagslebens angenommen und mit kräftigen Farben und ausgefallenen Bildkompositionen umgesetzt. Gebucht wird der Künstler nicht nur von Verlagen für historische Romane, sondern für dokumentarische Filmproduktionen, Museen und private Auftraggeber.

Die Osterausstellung im Altensteiger Schlossmuseum ist am morgigen Mittwoch von 14 bis 17 Uhr, am Samstag von 14 bis 17 Uhr und zum letzten Mal am Sonntag, 27. April, von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Am morgigen Mittwoch zwischen 15 und 16 Uhr spricht Hella Riedel aus Bad-Wildbad zum Thema "Frauenkräuter", und am Samstag erklärt die Naturpädagogin Irmgard Roller, wie eine Tinktur hergestellt wird. Am Sonntag schließlich gibt Roller Auskunft, wie Salben aus Wurzeln und Kräutern angerührt werden.