Richard Missbauer ging im Café Wohnzimmer mit dem Altensteiger Publikum auf Tuchfühlung. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Reutlinger Barde begeistert sein Publikum im Altensteiger Café Wohnzimmer mit Rock- und Folkballaden

Von Maria Kosowska-Németh

Altensteig. Die Altensteiger Café-Bar Wohnzimmer ist ein Ort von besonderer Ausstrahlung. Im kleinflächigen, gemütlich ausgestatteten Raum, wo die Uhren an den Wänden und scheinbar auch die Zeit in den 50er-Jahren stehengeblieben sind finden die Besucher neben Getränken und kulinarischen Kleinigkeiten Ruhe und Behaglichkeit.

Einmal im Monat bietet die Stadt Altensteig einen besonderen Leckerbissen an: In Rahmen der "Stubenmusik"-Reihe kommen ins Wohnzimmer Individualisten aus der Kleinkunstszene: kleine Bands, Liedermacher, gestandene Jazzmänner und Musik-Neulinge.

Zu den Rockmusik-Veteranen gehört Richard Missbauer aus Reutlingen. Auf Empfehlung von Anke Seeger stellte er sich den Altensteiger Stammgästen mitten in der Faschingszeit vor und fügte dem stilvollen Ambiente einen zusätzlichen Schuss der Nostalgie hinzu.

Seit 2011 spielt und singt Missbauer in der Band Best Age, vor zwei Jahren schloss er sich ebenfalls als Leadgitarrist den Good Times an. Seine rockige Anfänge reichen aber bis in die 60-er Jahre zurück, und aus dieser Jugendzeit stammen zwei Eigenkomposition. Vor allem aber sang der Alleinunterhalter mit warmer, leicht angerauter Stimme Rock- und Folkballaden und bekannte Songs wie "Little Sleepy Boy" von Paul Simon, "Wonderful Tonight" von Eric Clapton oder den Hit "Hallelujah" von Leonard Cohen.

Missbauers Vorliebe gilt dem Ragtime. Ursprünglich wurde diese stark synkopierte Musik überwiegend auf dem Klavier gespielt, bei dem Gitarrenspiel übernimmt der Daumen (nicht selten mit einem Ring ausgestattet, dem sogenannten Daumenplektrum) die Bassstimme, die übrigen Finger führen die Melodie. Diese als Fingerpicking oder Fingerstyle bezeichnete Gitarre-Anschlagtechnik beherrscht Missbauer geradezu meisterhaft.

Gleich drei Gitarren hatte der Reutlinger Barde mitgebracht, um jedes Instrumentalstück, jeden Song klangfarblich zu differenzieren und auch stilistisch einmalig zu gestalten. Seine Stärken sind neben der eindrucksvollen Technik das Einfühlungsvermögen und die Improvisationsgabe. Sowohl den ad hoc Programmablauf als auch seine einzelnen Darbietungen kommentierte Missbauer mit lakonischem Humor, die lyrisch-delikaten Klanggebilde wirkten dabei auf das entspannte Publikum wie Wellness für die Sinne.

Andrea Brenner vom Altensteiger Kulturamt sorgte andauernd für einen reibungslosen und möglichst diskreten Café-Betrieb, um dem Künstler der leisen Töne, der eingezwängt in die Enge seiner "Spielecke" saß, dicht umgeben von zahlreichen Zuhörern, allen erdenklichen Komfort zu bieten.

Das "Wohnzimmer" beansprucht kein Kunsttempel-Status, und das Wohlbefinden der Gäste hat Priorität. Wenn aber ein Konzert dieses Prinzip außer Kraft setzt, gebührt die ganze Aufmerksamkeit dem Künstler und der Musik. Für die meisten Besucher eine Selbstverständlichkeit. Und so empfanden sie manch leises Gespräch, auffälliges Flüstern oder gar ungebremstes Gekicher als Mangel an Respekt gegenüber dem großartigen Allroundmusiker, der nach frenetischem Beifall den eindrucksvollen Abend mit drei Zugaben garnierte.