Aus der Hand vom Vizepräsidenten der Handwerkskammer Karlsruhe, Wolfgang Schmitt, konnte Roswitha Keppler als langjährige Calwer Kreishandwerksmeisterin die Ehrennadel der HK entgegen nehmen. Foto: Kunert

Volle Auftragsbücher und fehlende Fachkräfte: Kreishandwerkerschaft Calw zieht bei Hauptversammlung Bilanz.

Altensteig-Wart/Kreis Calw - "Dem Handwerk geht es gut." Auf diese einfache Formel brachte Wolfgang Schmitt, Vizepräsident der Handwerkskammer (HK) Karlsruhe, die aktuelle Situation seiner Mitgliedsbetriebe. Schmitt war am Mittwoch zur Hauptversammlung der Kreishandwerkerschaft Calw ins Hotel Sonnenbühl nach Altensteig-Wart gekommen – auch um Kreishandwerkermeisterin Roswitha Keppler mit der Ehrennadel der HK auszuzeichnen.

Seit über 48 Jahren bereits ist Keppler im Ehrenamt für die Belange des Handwerks unterwegs. Schon als 18-Jährige sei sie als Gesellenvertreterin in ihrer Innung aktiv geworden, wie sie "mit einigem Erschrecken" wegen der Länge der Zeit festgestellt habe. Zwei Jahre habe sie laut Satzung noch als Kreishandwerkermeisterin, rechnete die heute 66-jährige Friseurmeisterin den insgesamt 22 anwesenden Obermeistern und Innungsvertretern bei der Hauptversammlung vor. Grund genug auch für Vorstandskollege und Stellvertreter Achim Schenk, Keppler als "Mutter des Handwerks" mit einem Blumenstrauß für ihr ungebrochenes Engagement zu danken.

Trotz des aktuellen Booms im Handwerk – Keppler selbst zeigte in ihrem Rechenschaftsbericht auch auf, dass es nach wie vor viel zu tun gebe bei den politischen Rahmenbedingungen für das Handwerk, das gerade in Baden-Württemberg mit einem Jahresumsatz weit jenseits der 88 Milliarden Euro und allein über 50 000 Auszubildenden einen extrem großen Beitrag zum Wohlstand des Landes leiste. So mahnte Keppler mit Blick auf den anwesenden CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Blenke ein stärkeres Engagement der Politik bei der Bestandssicherung oder gar Ausbau der Kreisgewerbeschulen an. Auch das Thema Mindestlohn sei "eine offene Baustelle" – nicht wegen der Höhe des Mindestlohn. Denn wer im Handwerk heute gute Leute beschäftige, müsse sowieso Tarif oder über Tarif bezahlen. Aber die mit der Einführung des Mindestlohn verbundene Bürokratisierung der Beschäftigungsverhältnisse belaste Handwerk und Gewerbe über Gebühr und müsse korrigiert werden.

Gleiches verlangte Handwerkskammer-Vize Schmitt in seinem Grußwort, der zudem aktuelle Zahlen aus einer Mitgliederbefragung präsentierte. Danach lege die Konjunktur im Handwerk auch in 2015 noch einmal zu. So bewerteten 62,5 Prozent der Unternehmen die Situation und Auftragslage als gut bis sehr gut, nur 4,7 Prozent als schlecht. Zudem rechneten "vier von fünf Handwerksbetrieben im Kammerbezirk" (79,3 Prozent) mit einem auch weiterhin guten Geschäftsverlauf, was sich insgesamt auf ein Umsatzplus von 1,5 Prozent für das laufende Jahr summieren werde.

Einziges Hemmnis bei all der Euphorie: "Der Fachkräftemangel wird gerade für das Handwerk immer dramatischer", so Schmitt. Eine Chance und daraus erwachsende Verantwortung sehe die Kammer hier ausdrücklich in der Zuwanderung von Flüchtlingen, die "ein Baustein bei der Bewältigung des Fachkräftemangels und der Nachwuchsförderung" darstellen könnte. Schmitt forderte die Mitgliedsbetriebe auf, hier Verantwortung zu übernehmen und gerade "jungen, unbegleiteten Flüchtlingen eine neue Lebensperspektive mit dem Angebot geeigneter Ausbildungsplätze" zu bieten.

Eine Erwartung, die allerdings Frank Wiehe als Erster Landesbeamter des Landkreises Calw und Gastredner der Hauptversammlung zu dämpfen versuchte. Nach seinen Erfahrungen sollte man die "Erwartung in die Integrationsfähigkeit der Flüchtlinge in den hiesigen Arbeitsmarkt nicht zu hoch schrauben". Gleichwohl bot Wiehe die Hilfe des Landeskreises an, bei konkreten Ausbildungsangeboten bei der Suche nach geeigneten Bewerbern in den Reihen der Flüchtlinge im Kreis aktiv zu werden.

Ausdruck der derzeit guten Auftragslage im Handwerk ist auch ein außerplanmäßiger Wechsel im Vorstand, der kurzfristig in die Tagesordnung aufgenommen werden musste. Wegen "akuten Zeitmangels" aufgrund voller Auftragsbücher zog sich der bisherige zweite Stellvertreter von Roswitha Keppler als Kreishandwerkermeister, Siegfried Herter, aus dem Vorstand zurück. An seiner Stelle rückte als neues Vorstandsmitglied Andreas Perrot, Obermeister der Feinwerktechnik- und Maschinenbauer-Innung, nach. Als neuer zweiter Stellvertreter des Kreishandwerkermeisters wurde Michael Rau gewählt.

Neben Roswitha Keppler wurden für ihre Verdienste in der Vorstandsarbeit der Kreishandwerkerschaft mit Ehrenurkunden geehrt: das scheidende Vorstandsmitglied Siegfried Herter sowie Martin Hirschberger und Michael Rau. Für besondere Verdienste im Ausbildungswesen konnte Reinhold Lutz von der Zimmerei Lutz GmbH & Co. KG (Althengstett) eine Ehrenurkunde in Empfang nehmen.