Lea Ammertal (Mitte) stellte im Galli-Theater ihren Gedichtband "Nachgeblickt" vor. Den musikalischen Rahmen lieferte Angelika Christiansen auf ihrem selbst gebauten Kotamo. Foto: Martin Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Die vielseitige Künstlerin Lea Ammertal stellt im Galli-Theater ihren Gedichtband "Nachgeblickt" vor

Von Martin Bernklau

Altensteig-Berneck. Sie schwebt zwischen den Dingen und den Sparten. Lea Ammertal schult die berühmten Calwer Aurelius-Sängerknaben szenisch, macht in der Karlsruher Künstlergruppe Gedok mit und ist nicht nur bei den Wildberger "Classic Open" musikalisch engagiert. Jetzt stellte sie dem Freundeskreis im Galli-Theater im Bernecker Bruderhaus den Gedichtband "Nachgeblickt" vor.

Es ist ihr zweiter. Schon das Format ist ungewöhnlich. Quadratisch nämlich. Ihr eigenwilliger junger Verleger Florian Arleth aus Karlsruhe hat für die Reihe "Lyrik im Quadrat" in seinem literarischen Start up "Brot & Kunst" nach einer Abmahnung 11,5 Zentimeter Kantenlänge wählen müssen, weil kleinere Maße markenrechtlich geschützt waren. In dem Format veröffentlichen inzwischen sieben Lyriker.

Der Jungverleger ließ es sich nicht nehmen, der eigentlichen Buchvorstellung neben diesen Erläuterungen einen eigenen Text voranzuschicken. Diese etwas jünglingshaft-lyrische Prosa, eine Art Ligurisches Reisetagebuch, reichte an die sprachliche Genauigkeit und die poetische Dichte in den freien Gedichten seiner Autorin lang nicht heran. Insofern lag der Verleger richtig mit seinem Lob, er habe als Lektor nichts verändern, streichen oder ganz ablehnen müssen.

Zwei Gedichte hob Lea Ammertal bei ihrer Buchvorstellung auf der bunt erleuchteten Bühne heraus: "Besuch der braunen Libelle" hieß das eine, "Boote einer Ausstellung" das andere. Sie decken die sprachlichen Techniken von Lea Ammertals Lyrik wie auch ihre Themenwahl ab. Der einzigartige Moment dieser Libelle auf dem Arm löst Fantasien und Gedanken aus um eine Botschaft der Jahreszeiten des Lebens, ganz zart, ganz subtil in der ungebunden rhythmisierten Sprache, ihren Vokalfarben und behutsamen Alliterationen, fast ohne Satzzeichen.

Die Botschaft der "Boote" hingegen ist lauter und plakativer, auch in ihren sprachlichen Mitteln. Es geht weniger um das Bild des Bootes, Schiffchens, der Kiste, der Wiege, als um Boat People, Flüchtlinge, die Parolen vom Boot, das voll ist. Die Wege der Sprache, vom Heimleuchten über die Lampe zu Lampedusa fügen sich nicht von selbst, sondern sollen so sein, sind vielleicht etwas zu gewollt: Idylle gegen Schrecken, harmloses Origami gegen massenhaftes Ertrinken. Da schleicht sich auch mal ausnahmsweise ein un-lyrisches Wort ein, das nur zur Botschaft passt, nicht zu den Worten: "Softvokabular".

Das Büchlein ist nicht nur außergewöhnlich bemessen, sondern auch sehr ansprechend aufgemacht. Die Titel in Negativschrift auf schwarzem Grund, die Zeilen zentriert umbrochen wie Figuren. Auch die Illustrationen sind sehr hübsch: schwarzweiße Postkartenmotive aus den Jahren zwischen 1920 und 1960, im Nachlass einer alten Dame entdeckt. Nicht immer allerdings erschließt sich eine Verbindung von Bild und Wort.

Die Präsentation umspielte zart schwebend die Musikpädagogin Angelika Christiansen auf ihrem selbst gebauten Zither-Instrument Kotamo, einer Mischung aus japanischem Koto, der indischen Tampura und dem griechischen Monochord.

Lea Ammertals Gedichtband "Nachgeblickt" ist im Verlag "Brot & Kunst" Karlsruhe erschienen, hat 168 Seiten und kostet 9,95 Euro.