Chris Linder und Jo Norz entführten ihr Publikum im Café Wohnzimmer musikalisch in eine Zeit überbordender Lebenslust. Foto: Stadler Foto: Schwarzwälder-Bote

Stubenmusik: Tübinger Duo zieht Publikum im Café Wohnzimmer in seinen Bann

Von Sabine Stadler

Altensteig. Die Stubenmusik im Café Wohnzimmer bot mit den Gitarristen Chris Linder und Jo Norz einen grandiosen Leckerbissen. Die musikalische Reise zurück in die 30er- und 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit Swing und etwas Bebop im Stile des berühmten Django Reinhardt begeisterte das Altensteiger Publikum.

Angekündigt war das Tübinger Gitarrenduo Christ Linder und Jo Norz als ein besonderes Musikerlebnis aus der Pionierzeit des Jazz. Die beiden Ausnahmegitarristen sind bekannt durch ihre Auftritte mit dem Musette-Ensemble "Café de Paris" und "Paris Hot Five". Aus diesen mehrköpfigen Formationen herausgelöst, treten sie seit längerer Zeit zu zweit auf, öfters auch im privaten Bereich.

Einem privaten Konzert im Wohnzimmer eines Altensteiger Freundes folgte die Einladung des Kulturamtes der Stadt in die Café-Bar Wohnzimmer am Marktplatz. In dieser herzlichen und irgendwie auch intimen Atmosphäre versetzten die Musiker mit leidenschaftlichem Swing in poppiger Präsentation, gepaart mit ein bisschen Bebop, ihre Gäste zurück in eine Ära überbordender Lebenslust.

Zu hören waren Stücke der 30er- und 40er-Jahre, unverstärkt, aber jetzt mit Mikro, durch die Django Reinhardt berühmt wurde. Musik, die bis heute nicht in Vergessenheit geraten ist. Die beiden Musiker, die seit jungen Jahren der Gitarrenmusik und dem Jazz in seinen Variationen verbunden sind, ließen keine Zweifel an ihrer Liebe zur musikalischen Interpretation und Improvisationskunst aufkommen.

Egal ob instrumental oder mit französischem oder englischem Gesang, sie überzeugten mit jedem Stück aufs Neue. Zwischenapplaus, Lacher und melancholische Stimmungen wechselten sich ebenso ab wie die musikalischen Darbietungen mit ruhigen und rasanten, federleichten südamerikanischen oder europäischen Liedern.

Sie überraschten mit einer Version von Stevie Wonders "Isn't she lovely" genauso wie mit "Midnight in Paris" aus einem Woody-Allen-Film.

Die Musik von Chris Linder und Jo Norz ist zum einem akustischer Jazz, zum anderen übernimmt bei den Swing-Titeln und Improvisationen die Gitarre den Rhythmus und ersetzt gleichzeitig das Schlagzeug. Faszinierend war zu beobachten, wie die beiden sich mit Rhythmus und Melodie abwechselten, ergänzten und ihr Können auf der Gitarre zum Besten gaben, mal mit, mal ohne Gesang. Der Django-Reinhardt-Titel "I can't give you anything but Love" durfte an diesem Abend natürlich auch nicht fehlen – wegen des Nichtrauchergesetzes, ohne die von Reinhardt bekannte Version von damals mit glimmender Zigarette im Mundwinkel.

Der zweistündige Auftritt fand seinen krönenden Abschluss mit "Mister Sandman", der zum Nachhausegehen einladen sollte. Damit nicht genug, Pop aus den 90ern setzte den Schlusspunkt des Auftritts. Im Duett gesungen und gepfiffen erklang "Every Morning" von Sugar Ray. Das Publikum bestand trotzdem auf einer Zugabe, die mit Duke Ellingtons "It don’t mean a Thing" ihre Erfüllung fand.

Die Gäste in der voll besetzten Café-Bar waren begeistert und applaudierten lang anhaltend. Chris Linder und Jo Norz faszinierte Altensteig mit seiner erleuchteten Altstadtkulisse. "Wir würden gerne wieder kommen, vielleicht beim nächsten Mal in größerer Formation und open-air im Schlossgarten", verrieten die beiden Gitarrenvirtuosen in einer Pause.