Auf diesem Rasenstück zwischen der Oberen Talstraße und der Nagold soll der 48 Meter lange, dreigeschossige Neubau einer Unterkunft für 80 Flüchtlinge entstehen. Foto: Köncke

Anwohner wollen Neubau im Wohngebiet nicht kommentarlos hinnehmen. Stadtweite Unterschriftenaktion geplant.

Altensteig - Den geplanten Neubau einer Flüchtlingsunterkunft in der Altensteiger Oberen Talstraße wollen die Anwohner nicht kommentarlos hinnehmen. Am Wochenende trafen sich 15 von ihnen bei Firmenchef Claudio Spanu zu einer Protestversammlung. Nach einer emotional geführten Debatte wurde beschlossen, eine stadtweite Unterschriftenaktion zu starten, das Gespräch mit den Verantwortlichen beim Landratsamt Calw zu suchen und auf den Altensteiger Gemeinderat einzuwirken, die Zustimmung zum gewählten Standort zu revidieren.

"Wir sind nicht gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in Altensteig", stellte Horst Großmann gleich zu Beginn klar. "Wer mit Kind und Kegel auf schwankenden Booten über das Mittelmeer kommt, verdient unsere Unterstützung." Die Verteilung sollte allerdings dezentral organisiert werden. Für die Integration von Asylbewerbern sei das besser als die Unterbringung in einer Art Ghetto. Sollte der Landkreis aber am Prinzip der Sammelunterkunft festhalten, gebe es in Altensteig geeignetere Standorte als die Obere Talstraße, schaltete sich Transportunternehmer Peter Wurster ein. Als Beispiel nannte er den Bereich der Kläranlage beim Bernecker Bahnhof. Die von Bürgermeister Gerhard Feeß gewünschte Fußläufigkeit zur Innenstadt sei dort gegeben. "Lidl und Aldi sind nicht weit entfernt."

In Frage komme auch ein Platz im Gewerbegebiet "Turmfeld", dann könnten Asylbewerber bei den dort angesiedelten Firmen eventuell eine Arbeit finden. Wurster kann nicht nachvollziehen, warum der Gemeinderat das von der Verwaltung vorgeschlagene Gelände mit großer Mehrheit und offenbar ohne große Diskussionen akzeptiert habe. Die Obere Talstraße sei als Radweg ausgewiesen, dort würden Besucher auf dem Weg zu den Tennisplätzen, zum Minigolf- und Abenteuerspielplatz vorbeikommen und seien konfrontiert mit einem langen, nicht gerade einladend aussehenden, auf engem Raum bewohnten Funktionalbau. Eine Werbung für den staatlich anerkannten Luftkurort Altensteig sei das nicht gerade.

Befürchtet wird außerdem, dass es rund um die Unterkunft bald ebenso aussehen könnte wie früher in Bad Wildbad, als der Vorplatz eines ehemaligen Hotels am Rande des Kurparks nach der Unterbringung von Asylbewerbern von Müll und Unrat übersät gewesen sei und zersprungene Fensterscheiben durch Pappkartons ersetzt wurden.

Claudio Spanu berichtete bei der Protestversammlung, dass drei seiner Mieter in der Oberen Talstraße bereits angekündigt hätten, sich eine andere Wohnung zu suchen. Der gewählte Standort würde sich auch negativ auf sein gegenüber liegendes Unternehmen auswirken. Geschäftskunden könnten beim Anblick der "Baracke" abgeschreckt werden und die Gewinnung von Neukunden würde dadurch erschwert. Sollte es beim geplanten Platz bleiben, brauche man keinen Neubau, er sei dann bereit, seinen Betrieb an den Landkreis zu verkaufen. "Ich meine es ernst."

Großmann erinnerte daran, wie es früher in den "Vereinigten Hüttenwerken" der Oberen Talstraße ausgesehen habe und dort untergebrachte Obdachlose alles stehen und liegen gelassen hätten. Diesen Zustand habe die Stadt unter Bürgermeister Jürgen Großmann geändert und die Anwohner seien daraufhin bereit gewesen, durch Sanierungen und Modernisierungen ihrer Immobilien einen Beitrag zu leisten. Das habe der Gemeinderat bei seiner Zustimmung zu dem Standort bedenken müssen, statt ihn "einfach abzunicken".