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Lutherstammtisch im Rahmen der Reformationswoche. "Gier und Größenwahn vieler Manager" kritisiert.

Altensteig-Wart - Der Unternehmer Wolfgang Grupp war Gast beim Lutherstammtisch im Rahmen der Reformationswoche in Altensteig.

"Mal sehen, wie sich ein guter Katholik im evangelischen Kerngebiet schlägt", neckte Dekan Ralf Albrecht aus Nagold den Unternehmer Wolfgang Grupp in seiner Einleitung zum "Lutherstammtisch" im Congress Center Wart (CCW).

Religiöse Fragestellungen waren an diesem Abend aber nicht das Thema. Zwar hat der 1942 geborene Trigema-Chef und frühere Schüler des Jesuitenkollegs St. Blasien auf seinem Grundstück eine Hauskapelle errichten lassen, in der er sich jeden Morgen nach dem Schwimmen und dem Frühstück drei bis vier Minuten lang aufhält, hauptsächlich um zu danken, dass er trotz seines fortgeschrittenen Alters noch leistungsfähig und – abgesehen von Kniebeschwerden – gesund geblieben ist. Viel lieber redete er im CCW über seine Firma, seine Betriebsfamilie, seinen Aufstieg, seine Einstellung zur Arbeit, seine Familie.

Als persönlich und unbeschränkt vollhaftender Eigentümer des Textilherstellers trägt er zu einhundert Prozent Verantwortung. Deshalb tauchte das Wort "Verantwortung" wiederholt in seinem einstündigen – mit humorvollen Passagen gewürzten – Vortrag auf. Scharf kritisierte Grupp die "Gier und den Größenwahn vieler Manager", die sich bei Misserfolgen möglichst mit einer hohen Abfindung aus dem Staub machten.

"Sie zerstören das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft" wetterte der Firmenchef. Seine Forderung: Entscheidungsträger sollten persönlich in Haftung genommen werden können.

Nach dem Abitur studierte er in Köln

Grupp wuchs in einer konservativ-katholisch geprägten Unternehmerfamilie in Burladingen auf. Nach dem Abitur (1961) studierte er an der Universität Köln Wirtschaftswissenschaften und übernahm als Diplomkaufmann 1969 die damals mit zehn Millionen Deutsche Mark hoch verschuldete Firma seines Vaters.

Es gelang ihm, das Unternehmen zu entschulden und neu zu strukturieren. Die Textilien werden alle in Burladingen entworfen und produziert. Seit 1969 gibt es bei Trigema weder Kurzarbeit noch betriebsbedingte Kündigungen. Die Sport- und Freizeitbekleidung wird im Einzelhandel, über einen eigenen Onlineshop und im Direktverkauf über 46 Filialen in ganz Deutschland vertrieben.

Eröffnet wurde der Lutherstammtisch im CCW vor 220 Besuchern mit Musik des Bezirksposaunenchors unter Leitung von Bernhard Rath.

Dass ein kleiner Mönch vor 500 Jahren durch seine Entdeckungen und Gedanken die damalige Kirchenlandschaft grundlegend verändert habe, kommt für Dekan Ralf Albrecht einer Revolution gleich.

Nach mehreren Zitaten von Luther und einem gemeinsamen Tischgebet wurde das Buffet für ein "deftiges Vesper" eröffnet. Im anschließendem Interview stellte Albrecht auch Fragen, die nicht direkt etwas mit wirtschaftlichen Entwicklungen zu tun hatten. Zum Beispiel die Sache mit dem Affen. "Der Fernsehzuschauer ist an Werbung nicht sonderlich interessiert. Deshalb wollte ich einen Spot, der aus dem Rahmen fällt. Plötzlich saß zur Verwunderung der Zuschauer ein Affe am Schreibtisch". Als das ZDF 1995 die Familienserie "Unser Charly" gestartet habe, sei der Trigema-Affe plötzlich in aller Munde gewesen. Weil immer mehr Tierschützer protestierten, werde in der neuen Werbekampagne "ein Umweltaffe reingezeichnet".

Ob er von frühmorgens bis spät in der Nacht an seinem Schreibtisch sitzt? Für Grupp ist das "Larifari". Wenn einem die Arbeit Spaß mache, dann spiele Zeit keine Rolle. "Und mir macht die Arbeit nach wie vor großen Spaß".

Bei der Gelegenheit gab der 74-jährige Familienvater einige Firmeninternas bekannt. Zum Beispiel, dass er mittendrin in einem Großraum mit 35 Beschäftigten der Verwaltung sitze, dass es bei Trigema keine Hierarchie gebe ("zu mir kann jeder kommen, auch der Lehrling"), dass der Lohnanteil 52 Prozent der Produktionskosten ausmache, wegen der übertariflichen Bezahlung dafür aber die meisten Mitarbeiter jahrzehntelang im Betrieb blieben, dass keine Auftragsbestätigungen verschickt würden ("andere schreiben, wir liefern").

Führung mit eisernen Grundsätzen

Zum Schluss seines Vortrags gab der Trigema-Chef noch "eiserne Grundsätze" einer Unternehmensführung bekannt: Man sollte Ahnung haben von seinem Laden und jede Frage beantworten können. Entscheidungen müssten sofort getroffen werden, man dürfe sich nicht abhängig machen von einer einzelnen Bank und bei der Produktnachfrage nicht den Wandel der Zeit verschlafen.

"Trotzdem kommt mir keine Unternehmungsberatung ins Haus". Als Geschenk bekam Wolfgang Grupp von Dekan Rolf Albrecht einen Korb mit "Lutherbier" überreicht – und "Gottes Wort" in Buchform.