Klassenlehrerin Johanna May griff am Facklerschopf selbst zur Axt. Foto: Köncke

Für die Fackler beginnt der Endspurt. Rund um Altensteig lodern die lange vorbereiteten Holzstöße.

Altensteig - Wenn an Heiligabend die Rathausuhr schlägt und das Glockengeläut der evangelischen und katholischen Kirche ertönt, dann beginnt in Altensteig wieder das traditionelle Fackeln.

Die "Tannenbergler" und die "Tälemer" stecken jeweils einen acht bis neun Meter hohen Holzstoß in Brand, Blechbläser der Stadtkapelle spielen weihnachtliche Weisen und Handfackeln verwandelt den Berghang in ein Lichtermeer. Und auch in Altensteigdorf, Berneck und Walddorf lodern die Fackelfeuer.

Woher kommt das benötigte Holz? Wie viel Raummeter braucht man für das Aufschichten? Seit wann gibt es überhaupt den historischen Brauch? Die Klasse 4a der Markgrafenschule wollte es genau wissen und machte sich mit Eltern und Lehrerin Johanna May vom Postplatz zu Fuß auf den Weg. Am Fackelschopf der "Tälemer" wurden sie bereits von Manfred Keller und einigen Vereinsmitgliedern erwartet. Vor dem Tälesschultes lagen Holzlatten und Beile. Nach Informationen über das Fackeln wartete auf die Klassenlehrerin und Grundschüler, die dazu bereit waren, eine Aufgabe: Sie mussten die Axt schwingen und das Holz spalten, so wie es die Tälemer nach den Sommerferien jeden Montagabend machen. "Wir sind fertig, der Schopf ist voll", strahlte der aktive Fackler Tobias Waidelich.

Das Altensteiger Weihnachtsfackeln zieht jedes Jahr am Heiligen Abend Tausende Besucher an und hat nichts von seiner Attraktivität verloren. Der Brauch soll seinen Ursprung bei den heidnischen Kelten haben, die mit dem Feuer die Wintersonnwende feierten. Die älteste, schriftliche Schilderung ist in der Oberamtsbeschreibung Nagold von 1862 zu finden.

Früher gab es in der Stäffelesstadt drei Facklergruppen, inzwischen sind es nur noch zwei. Die "Tannenbergler" trafen sich in diesem Jahr zum ersten Mal am 12. August und dann jeden Mittwochabend an der Abzweigung Egenhauser Straße/Reitstall. Auf einer Wiese haben sie das Holz gespalten, geschlitzt und zum Trocknen in der Hütte aufbewahrt.

Der Fackelschopf der Tälemer steht auf halber Höhe des Schlossbergs. Das Holz stammte früher aus abbruchreifen Häusern und Hütten, heute größtenteils aus dem Stadtwald. Zum Aufschichten des "Turms" werden zwischen 45 und 50 Raummeter benötigt und Paletten als Zwischenlager. Die "Tälemer" sind ein eingetragener Verein mit aktuell 22 Mitgliedern, sie kommen seit ein paar Monaten jeden Montagabend am Fackelschopf und bearbeiteten die Holzklötze mit Beilen.

Am heutigen Mittwoch wird das Holz ab 7 Uhr morgens mit einem Dreiachskipper zum Umsetzer gekarrt und abgeladen. Anschließend werden 40 bis 50 lange Original-Fackeln hergestellt, die aus Spreißenholz gebündelt und mit Holzwolle versehen werden.

An Heiligabend heißt es für die Fackelbuben beider Lager erneut früh aufzustehen, denn bereits um 6 Uhr beginnt das sachgerechte Aufsetzen, das viel Erfahrung und Sachverstand verlangt. Der Holzstoß soll ja möglichst lange stehen bleiben. Aus der Mitte des Haufens ragt jedes Mal ein circa 15 Meter langer Tannenbaum in die Höhe. Anschließend versammeln sich die Tälemer am Kriegerdenkmal und kündigen mit mehreren Schüssen an, dass die Vorbereitungen abgeschlossen sind. Am Abend stellen sie sich in mehreren Reihen am Berghang auf und schwenken vier bis fünf Meter lange Original-Fackeln. Zur gleichen Zeit werden auch die aus Wachs hergestellten Handfackeln der Zuschauer entzündet, bis ein wogendes Lichtermeer auch den letzten Teilnehmer in weihnachtliche Stimmung versetzt.