Landrat Helmut Riegger (rechts), Peter Schäfer vom Landkreis (links) und Kreisbauernchef Friedrich Großhans (Dritter von rechts) zeichneten verdiente Landwirte aus. Foto: Priestersbach

Agrarpolitik: Bundeslandwirtschaftsminister beim Kreisbauerntag Calw und Freudenstadt. Klagen über Einkommenssituation.

Altensteig-Spielberg - Das war ein Novum: Erstmals trafen sich die Kreisbauernverbände Calw und Freudenstadt zu einem gemeinsamen Kreisbauerntag in der Spielberger Bömbachhalle. Ausschlaggebend dafür war der Besuch von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt im Altensteiger Stadtteil.

Eine gute Möglichkeit also für die Landwirte aus dem Nordschwarzwald, ihre Sorgen und Nöte zu äußern – und davon gibt es bekanntlich nicht gerade wenige. So appellierte Friedrich Großhans als Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Calw an die Politik, ohne Information und Austausch mit den Landwirten "keine Entscheidungen zu fällen, die uns als Berufsstand ins Mark treffen".

In diesem Zusammenhang sprach Friedrich Großhans Themen wie den "freien Fall der Preise", die schwierige Einkommenssituation vieler Bauern, die Düngeverordnung oder die Kritik aus der Landwirtschaft an Nationalpark oder Landesjagdgesetz an. Als sehr belastend bezeichnete er zudem das Arbeitszeitgesetz, denn gerade in der Landwirtschaft sei bei der Arbeitszeit hohe Flexibilität gefordert. Gleichzeitig forderte Friedrich Großhans eine Förderung der Exportmärkte, "um die Zukunft der Landwirte zu gewährleisten".

Kritische Töne kamen ebenfalls von Gerhard Fassnacht, wobei der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Freudenstadt an eine Prophezeiung eines früheren Agrar-Kommissars erinnerte, wonach es im Jahr 2000 im Schwarzwald keine Landwirtschaft mehr geben werde. Zwar sei diese Prognose nicht eingetroffen, "aber Gesellschaft, Politik und die Bürokraten bemühen sich, diese Prophezeiung doch noch wahr zu machen", so Fassnacht. Als gutes Beispiel in der Region führte der Vorsitzende die Verwirklichung des Nationalparks an. "Bis zu 85 Prozent der Bevölkerung waren dagegen, aber dennoch wurde dieses Vorhaben rigoros durchgesetzt", so Fassnacht.

"Essen wird auch künftig nicht aus dem 3D-Drucker kommen"

Die Landwirtschaft stehe finanziell an der Wand, zumal Investitionen in eine Rationalisierung und Produktivitätssteigerung "in einem Umfeld politischer Unzuverlässigkeit und Niedrigstpreisniveau" nicht mehr wirtschaftlich seien. Zudem führe die Stigmatisierung der Landwirte als "Naturschänder, Artenvernichter, Giftmischer oder Tierschänder" zu "unerträglichen psychischen Belastungen".

"Das Essen wird auch künftig nicht aus 3D-Druckern kommen, sondern aus Boden und Saat", machte CSU-Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt deutlich. Gleichzeitig verband er seine Ausführungen mit einem Bekenntnis zur Landwirtschaft im Ländlichen Raum und betonte: "Wir sind die Bodenständigen, ohne die ein Erhalt der Kulturlandschaft nicht funktioniert". Deshalb müsse die Landwirtschaft auch mit dem nötigen Selbstbewusstsein die Diskussion suchen.

Mit dem Hinweis, "es geht sprichwörtlich um die Wurst" ging der Minister unter anderem auf die Diskussionen um den Verzehr von Wurst ein. Zwar räumte er ein, "zu viel ist ungesund", aber trotzdem wolle er keine Gesetze machen, "die den Leuten vorschreiben, was auf dem Teller liegt". Denn Schweinefleisch sei eben Teil unserer Kultur und Wurst gehöre zu unserem kulturellen Grundverständnis.

Klar müsse die Tierhaltung ordentlich kontrolliert werden, doch führe eine überbordende Regulierung nur für deutsche Ställe dazu, dass es hierzulande keine Tierställe mehr gibt – doch dem Tierschutz insgesamt diene das nicht. Als "teilweise katastrophal" bezeichnete der CSU-Minister die finanzielle Situation in den landwirtschaftlichen Betrieben – und vor allem bei den Milchpreisen gehe der Trend nach wie vor in die falsche Richtung, weshalb das Milchpaket noch einmal neu geschnürt werden müsse.

Riegger: "Nicht verdient an den Pranger gestellt zu werden"

Zu Wort kam beim Kreisbauerntag ebenso die lokale Politikprominenz. "Ich lege Wert darauf, dass die Stimme der Landwirtschaft gehört wird", erklärte CDU-Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel. Vor allem die Interessen des Ländlichen Raums müssten bei Entscheidungen berücksichtig werden. Für den Freudenstädter CDU-Landtagsabgeordneten Norbert Beck war klar, dass Baden-Württemberg seinen Landwirten keine Sonderlasten aufbürden dürfe, die es in anderen Bundesländern nicht gebe. Und der Calwer CDU-Abgeordnete in Stuttgart, Thomas Blenke, betonte: "Wir stehen zu den Bauern und der regionalen Wertschöpfung in den Familienbetrieben". Der FDP-Landtagsabgeordnete Timm Kern aus Horb kritisierte die "ideologisch geprägte Agrarpolitik mit ihren zahlreichen Gängelungen", dabei hätten sich die landwirtschaftlichen Betriebe zu einem "hochinnovativen Mittelstand entwickelt".

Für den Landkreis Calw machte Landrat Helmut Riegger deutlich, dass es "die Landwirtschaft nicht verdient hat, dass sie so an den Pranger gestellt wird" – zumal sie einen unverzichtbaren Beitrag zur Pflege von Heimat und Kulturlandschaft leiste. Zudem sollten Bundes- und Landespolitik die Landwirte von bürokratischem Aufwand entlasten, forderte Riegger.

"Wir können nichts für die Richtlinien aus Brüssel oder Berlin", erklärte der Freudenstädter Landrat Klaus Rückert. Und so sehe er den Schwerpunkt der Arbeit im Landratsamt in der Beratung der Landwirte bei der Herstellung hochwertiger Lebensmittel. "Wir brauchen öko und bio – aber ebenso die konventionelle Landwirtschaft", ist Rückert überzeugt.

Ehrungen standen jetzt beim Kreisbauerntag in Altensteig-Spielberg ebenfalls auf der Tagesordnung. So sind Willi Kober aus Calw-Stammheim und Elisabeth Bok aus Horb bereits seit 25 Jahren als Berichterstatter für das Statistische Landesamt tätig Auf stattliche 40 Jahre bringt es Richard Schmelzle aus Dornstetten. Der Calwer Landrat Helmut Riegger überreichte bei dieser Gelegenheit die Urkunden des Stuttgarter Landwirtschaftsministeriums für die Teilnahme an der Landesaktion "Gläserne Produktion" an die Familien Dreßler und Duss (Bad Herrenalb-Neusatz), Roller (Simmersfeld-Ettmannsweiler), Schäfer (Bad Teinach-Zavelstein-Schmieh) sowie Dürr und Reden-Lütcken (Bad Liebenzell-Möttlingen).