Vor dem Nagolder Amtsgericht wurde ein 19-Jähriger zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt. (Symbolfoto) Foto: dpa

Ordnungshüterin "den Vogel gezeigt". Angeklagter zu Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt.

Altensteig/Nagold - Hat er sich den Schweiß von der Stirn gewischt oder der Vollzugsbeamtin den Vogel gezeigt? Weil der Angeklagte den Strafbefehl über 600 Euro nicht akzeptieren wollte, sahen sich beide vor Gericht wieder. Vor dem Urteilsspruch versuchten sowohl Richter Martin Link als auch Oberstaatsanwältin Susanne Teschner den Maschinenbediener aus Altensteig zu überzeugen, seinen Einspruch zurückzunehmen – "sonst könnte es eventuell teuer werden".

Warum er das tun solle, wollte der 19-Jährige wissen, er sei doch im Recht. Er habe die Frau nicht beleidigt. Immer wenn er aufgeregt sei, müsse er schwitzen, behauptete der Beschuldigte. "Auch jetzt", beteuerte er und streckte dem Richter und der Staatsanwältin seine Hände entgegen. Die Verhandlung endete damit, dass der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt wurde. Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens tragen.

Im Februar war der Altensteiger mit seinem Auto nach Egenhausen gefahren. Auf dem Gehweg vor der Sparkasse hielt er an, stieg aus hob am Bankautomaten Geld ab. Das habe nur zwei Minuten gedauert, erklärte der 19-Jährige. Als er wieder am Auto war, steckte an der Windschutzscheibe ein Strafzettel. Er sei verärgert gewesen, habe aber die Konsequenz seines Fehlverhaltens akzeptiert, sei eingestiegen und davongefahren.

"Aber ganz langsam", sagte die Vollzugsbeamtin aus Altensteig, "und mit einem nicht gerade freundlichen Gesicht." Dass er ihr obendrein "den Vogel gezeigt" habe, wollte sie sich nicht bieten lassen. Angezeigt wurde der Maschinenbediener auch von der Gemeinde Egenhausen, in diesem Fall Dienstherr der Ordnungshüterin. Der 19-Jährige Angeklagte sei ihr beim Kontrollgang deshalb besonders aufgefallen, erklärte die Bedienstete, weil er sein Auto mit allen vier Rädern auf dem Gehweg geparkt habe, was verboten sei. Sie sei ganz sicher, dass der Beschuldigte sich weder am Kopf gekratzt noch die Haare geordnet oder den Schweiß von der Stirn gewischt habe.

"Werden Sie einen Strafantrag stellen?" wandte sich der Richter an die Staatsanwältin. Als Teschner das ankündigte, riet Link dem Angeklagten, es nicht auf eine Verurteilung ankommen zu lassen. Es könnte sein, dass er mit einer hohen Strafe rechnen müsse.

Der Angeklagte ließ es darauf ankommen. "An diesem Tag hat das Thermometer zwei Grad unter Null angezeigt. Bei diesen Temperaturen wischt man sich nicht den Schweiß von der Stirn. Und wenn jemand langsam vorbeifährt, hat er er bestimmt etwas vor", begründete Susanne Teschner ihren Strafantrag von 20 Tagessätzen zu 70 Euro. Richter Link verurteilte den 19-Jährigen wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 50 Euro.