Beim Betreten des Nagolder Amtsgerichts wurden die Besucher von einer Sicherheitsgruppe der Justiz kontrolliert. Foto: Köncke

Angeklagter bleibt Prozess fern. Zu neun Monaten Haft kommen 100 Stunden gemeinnützige Arbeit.

Altensteig/Nagold - Da der Beschuldigte nicht vor Gericht erschienen ist, verurteilte Richter Martin Link den Familienvater aus dem Raum Altensteig in Abwesenheit zu neun Monaten Haft auf Bewährung und 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Der Staatsanwalt war da, der Richter war da, die Dolmetscherin war da – und fünf Zeugen. Nur der Angeklagte aus dem Raum Altensteig fehlte bei der gestrigen Verhandlung vor dem Nagolder Amtsgericht. Richter Martin Link wartete 20 Minuten, dann verließ er mit Rechtsreferendar Benjamin Marx den Saal. Fünf Minuten später kehrten beide zurück. Um 8.57 war der Angeklagte noch immer nicht erschienen.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde daraufhin folgender Strafbefehl erlassen: neun Monate Freiheitsstrafe, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird und 100 Stunden gemeinnützige Arbeit.

Zweijähriges Kind aus Fenster gehalten

Laut Anklageschrift hat der Familienvater seine Frau schwer verprügelt. Als sie später die gemeinsamen Kinder zu sich holen wollte, soll er sein zweijähriges Mädchen aus dem Fenster der Wohnung gehalten und gedroht haben, es fallen zu lassen, falls die Frau das Haus betreten sollte. Zwei Wochen hat der Angeklagte jetzt Zeit, gegen den Strafbefehl Einspruch zu erheben. Sollte er davon Gebrauch machen, wird ein neuer Verhandlungstermin angesetzt.

Link informierte die Zeugen über den Sachverhalt, fragte sie und die Dolmetscherin, ob Fahrtkosten oder der Ausfall von Arbeitsstunden geltend machen werden und schloss die Verhandlung.

Beim Betreten des Amtsgerichsgebäude wurden die Besucher gestern von einer fünfköpfigen Justiz-Sicherheitsgruppe angehalten und mussten sich durch Vorlage des Personalausweises ausweisen. Die beim Landgericht Tübingen angesiedelte Einheit tritt bei Prozessen mit besonderem Gefährdungspotenzial in Aktion und führt davon unabhängig in regelmäßigen Abständen Einlasskontrollen an insgesamt 23 Gerichten aus dem Großraum Tübingen, Hechingen und Rottweil durch, erklärte Einsatzleiter Rolf Breitling auf Nachfrage.