Der Pianist und Sänger Martin Schmitt und das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim unter der Leitung von Mark Mast (rechts) boten in der Alpirsbacher Klosterkirche ein mitreißendes Programm. Foto: Wiegert Foto: Schwarzwälder-Bote

Schwarzwald Musikfestival: "Kammerorchester goes Blues" mit dem Pianisten Martin Schmitt

Zunächst ein Vollbad in sinfonischem Wohlklang, dann ein furioser Auftritt des Pianisten und Entertainers Martin Schmitt, und zum Schluss beides zusammen: Das Konzert in der Alpirsbacher Klosterkirche bot einen wahrlich kontrastreichen Genuss.

Alpirsbach. Weit entfernt von dem, was dort sonst an Musik zu hören ist, aber ganz nach dem Geschmack der rund 400 Zuhörer. Das gleiche Programm unter dem Motto "Kammerorchester goes Blues" war nochmals am Pfingstsonntag im Kulturhaus Osterfeld in Pforzheim zu hören.

Ziemlich gewagt las sich das Programm, das Dirigent Mark Mast mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim und dem bayerischen Pianisten und Sänger Martin Schmitt bei dem Konzert des Schwarzwald Musikfestivals in Alpirsbach präsentierte. Aber stilistische Schranken konnte man an diesem Abend getrost vergessen – bei Martin Schmitt passt alles zusammen, was er zusammenbringt.

Dabei begann das Konzert mit dem Untertitel "Music for the Soul" ausgesprochen romantisch, fast schon pastoral: Mit Edward Elgars Serenade für Streicher in e-Moll op. 20. Das Pforzheimer Kammerorchester tönte das eingängige Werk unter Masts souveränem Dirigat eindrucksvoll ab, brachte die schwebende Harmonik und die weit geschwungenen Melodien effektvoll zum Tragen.

Rhythmisch vital, aber auch sanglich interpretierte das Ensemble Samuel Barbers Adagio for Strings op. 11. War dieses Werk stellenweise noch leicht dramatisch angeraut, so gab es zum Abschluss des Orchester-Solo-Auftritts noch Filmmusik mit Zuckerrand: Henry Mancinis "Moon River" aus "Breakfast at Tiffany".

Dann wurde der Flügel in die Mitte der Bühne gerückt, und es war Showtime in der Klosterkirche. Nach der launigen Begrüßung zeigte Martin Schmitt mit dem furiosen St. Louis-Blues aus den 20er-Jahren, was bei ihm musikalisch Sache ist: verblüffend virtuoses Klavierspiel mit Wurzeln im Jazz und Blues.

Aber er hat auch viele Eigenkompositionen mitgebracht. In dem Lied "Schmittish Airways" nimmt er die Zuhörer mit auf eine Flugreise der grotesken Art, in "Midlife Crisis" macht sich der 49-Jährige genüsslich so manchen Reim auf den Selbstbetrug nicht mehr junger, aber auch noch nicht alter Männer, und bei "Aufbassn!" kann, besser: muss das Publikum kräftig mitsingen.

In Schmidts eigenen Kreationen steht der Text im Vordergrund. Bei aller Komik ist immer auch kräftiger Schuss Nachdenklichkeit dabei, und oft ein Appell, das Positive im Leben zu sehen, wie in den Liedern "Schau nach vorn" und "Jammern". Als Pianist brilliert Schmitt aber weit mehr mit Jazz- und Blues-Klassikern. Etwa mit dem "Fingerbreaker" im Stil des "Harlem Stride Piano" aus der Frühzeit des Jazz, ein Stück, das seinem Namen alle Ehre macht.

Immer blitzt dem Tasten- und Wortakrobat der Schalk aus den Augen, selbst wenn er gerade in rasantem Tempo das Klavier bearbeitet. Nach der Pause treten der Pianist und das Kammerorchester gemeinsam auf. Die Streicher begleiten Schmitt bei Eigenkompositionen wie "Capricorn", "Wie kamma des überlem?" und "Lebensrücklauf", in dem der Sänger die Zeitfolge von der Geburt bis zum Tod einfach umkehrt.

Schmitt würzt seinen Auftritt mit kurzen Anekdoten und schreckt auch vor Kalauern nicht zurück. Und er ist ein Meister der Verfremdung. Wenn er sich nach der Melodie von Tom Jones’ Hit "Sex Bomb" als sächselnder Frauenheld besingt, gibt’s im Publikum kein Halten mehr. Bei aller Ironie, nicht zuletzt sich selbst gegenüber, kommt der Künstler herzlich rüber. Und so bekommt er am Schluss nach etlichen Beifallsstürmen und Zugaben auch, was er ganz unbescheiden einfordert: Standing Ovations.