Ortsvorsteher Willi Jäckle bei der im Frühjahr gepflanzten Friedenslinde am Dorfbrunnen in Peterzell. Foto: Wiegert Foto: Schwarzwälder-Bote

Kommunales: Von der Grünpflege bis zu kulturellen Veranstaltungen: Der Bürgerverein engagiert sich vielfältig für Peterzell

Tief verwurzelt in der Geschichte des Orts und zugleich der Zukunft zugewandt – so hat der Bürgerverein Peterzell in den vergangenen zehn Jahren schon so manches Projekt in dem Dorf verwirklicht.

Alpirsbach-Peterzell. Die Grenze zwischen kommunaler Kür und Pflicht, zwischen Wünschenswertem und Notwendigem sind bei den Aktivitäten des Bürgervereins Peterzell manchmal fließend. So hat der Verein unter dem in der Satzung verankerten Motto "Altes erhalten, Neues gestalten" die Friedhofsmauer saniert und Toiletten in der Leichenhalle eingebaut. Zudem haben ehrenamtliche Helfer das Kriegerdenkmal gereinigt und dafür gesorgt, dass zwei Ortsbegrüßungsschilder aufgestellt wurden. Auch den Brunnen am alten Löwenplatz hat der Bürgerverein instand gesetzt und Kleinspielgeräte für den dortigen Spielplatz finanziert.

Eine Daueraufgabe ist die Grünpflege im Ort, die weitgehend von Helfern des Bürgervereins übernommen wird – von den akkurat in Form des Dorfwappens geschnittenen Hecken bei der Kirche bis zum Mähen. Denn der Alpirsbacher Bauhof hat nicht die Kapazitäten, regelmäßig die Grünpflege auf den öffentlichen Flächen in allen Stadtteilen zu übernehmen. Das größte Projekt bisher aber war der Umbau des alten Schul- und Rathauses zum heutigen Bürgerhaus. Helfer vom Bürgerverein haben tausende von Arbeitsstunden in das Vorhaben gesteckt und es auch finanziell stark unterstützt. Knapp eine Million Euro kostete der Umbau des früheren Schul- und Rathauses. Die Stadt musste letztlich nur rund drei Prozent dieses Betrags als Eigenanteil aufbringen.

Drei Vorsitzende

Bei seiner Gründung hatte der Bürgerverein 30 Mitglieder, heute sind es 110. Nicht schlecht für einen Ort mit 740 Einwohnern, sagt Jäckle stolz. Die ersten vier Jahre leitete Heinz Müssigmann den Verein, seither lenkt Ortsvorsteher Willi Jäckle dessen Geschicke. Zum Zweck der Aufgabenteilung hat der Verein mittlerweile drei Vorsitzende – neben Jäckle sind dies Marita Weigold und Gerhard Engel.

Im ersten Obergeschoss des Bürgerhauses ist neben dem Zimmer der Ortsverwaltung unter anderem auch das Archiv Peterzells untergebracht. Der Ehrenvorsitzende des Bürgervereins, Heinz Müssigmann, hat es in unzähligen Stunden sorgsam sortiert und in Schränke eingeräumt. Keine einfache Aufgabe, denn die alten Bücher, Zeitungsbände und Urkunden lagen zuvor achtlos gestapelt auf dem Dachboden. "Er hat jedes Blatt abgesaugt", beschreibt Jäckle die akribische Arbeitsweise Müssigmanns. Auf Anfrage können Interessierte das Peterzeller Ortsarchiv besichtigen.

Das Bürgerhaus wird rege genutzt, beispielsweise für einen monatlichen Kaffeenachmittag. Er dient dazu, die Dorfgemeinschaft zu pflegen. Ein wichtiger Faktor, sagt Jäckle, denn auch in Peterzell sei das durchaus keine Selbstverständlichkeit mehr: "Oft grüßt man sich nur noch aus dem Auto heraus." Bei den Kaffeenachmittagen nimmt der Verein aber auch Geld ein – die Kuchen werden gespendet. Finanzmittel brauchte der Verein unter anderem für verschiedene Anschaffungen für das Bürgerhaus – vom Geschirr und Besteck für die Küche über Stühle und Schränke bis zum Beamer.

Kulturelle Veranstaltungen

Nicht zuletzt bietet der Bürgerverein viele kulturelle Veranstaltungen in der "guten Stube" des Bürgerhauses im zweiten Obergeschoss an. In dem ansprechend gestalteten Dachraum mit moderner technischer Ausstattung, historischem Gebälk und einem imposanten alten Flügel finden bis zu 100 Besuchern Platz. Vor allem die älteren von ihnen schätzen es, dass bei der Sanierung des Gebäudes ein Aufzug eingebaut wurde. So kommen auch Rollstuhlfahrer und Senioren mit Rollator gut in den Saal.

Bei seiner nächsten Sitzung am 5. September legt der Bürgerverein das Veranstaltungsprogramm für die nächsten Monate fest. Ein Auftritt ist schon terminiert: Das Kabarett-Duo "Hillu’s Herzdropfa!" von der Schwäbischen Alb, das bereits im November vergangenen Jahres im Peterzeller Bürgerhaus aufgetreten war und das Publikum begeistert hatte, gastiert dort wieder am 5. Januar.

Sein zehnjähriges Bestehen hat der Bürgerverein im vergangenen Jahr mit einer außergewöhnlichen Aktion gefeiert: Zu dem runden Geburtstag und im Gedenken an die Hungerjahre 1816/1817 haben die Helfer beim Dorfbrunnen eine Winterlinde, Baum des Jahres 2016, gepflanzt – mit etwas Verspätung im Frühjahr 2017. In Europa und Nordamerika ging 1816, wie der Ortshistoriker und Ehrenvorsitzende des Bürgervereins, Heinz Müssigmann, in einem heimatgeschichtlichen Beitrag schreibt, als das "Jahr ohne Sommer" in die Wettergeschichte ein. Denn von April bis September fielen unablässig Regen-, Graupel- und Schneeschauer. Ernteausfälle, Seuchen und Hungersnöte rafften tausende Menschen dahin. Ursache war der Ausbruch des Vulkans Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa am 10. April 1815. Eine riesige Aschewolke wurde um den Globus getrieben und absorbierte die Sonnenstrahlen. Eine Klimakatastrophe war die Folge. Im stark betroffenen Württemberg initiierte König Wilhelm I. 1817 die Gründung eines landwirtschaftlichen Vereins, um die Lebensmittelproduktion zu steigern. Die Frau von Wilhelm I., Königin Katharina, hatte mit ihrer großen Mitgift in der Notzeit vor 200 Jahren Schulen, Spitäler und Suppenküchen eingerichtet. Ihr zum Dank sollen damals viele Winterlinden, sogenannte Katharina-Linden, gepflanzt worden sein.