Bevor Hermann Kilgus sein Lebenswerk – die Alpirsbacher Offizin – in andere Hände gibt, will er, dass alles in bester Ordnung ist. So ist er derzeit damit beschäftigt, noch fällige Reparaturen oder Verbesserungen an den Druckmaschinen vorzunehmen. Unser Bild zeigt ihn an der Kniehebelpresse aus dem Jahr 1840, mit der einst Bücher gemacht wurden. Foto: Altendorf-Jehle Foto: Schwarzwälder-Bote

Hermann Kilgus gibt sein Lebenswerk in andere Hände / Historische Druckerei in der Klosterstadt steht vor ungewisser Zukunft

Von Bärbel Altendorf-Jehle

Alpirsbach. Bleibt die Alpirsbacher Offizin – eine wohl deutschlandweit einmalig historische Druckerei – in der Klosterstadt? Ja, sagt der Verein. Doch wer soll sie weiterhin betreiben?

Hermann Kilgus hat sich eigentlich schon immer Gedanken darüber gemacht, was mit der Alpirsbacher Offizin wohl geschehen wird, wenn er sie nicht mehr betreuen kann. Die Alpirsbacher haben daran bisher keinen Gedanken verschwendet, denn mit Kilgus – dem "Gutenberg von Alpirsbach" – wussten sie dieses Kleinod in besten Händen. Sie hatten mit ihm nicht nur denjenigen, der die Idee zu der historischen Druckerei 2006 hatte. Er war es auch, der die Offizin aufgebaut, ständig ergänzt und erweitert hat.

Kilgus war derjenige, der praktisch tagaus tagein in der Werkstatt anzutreffen war, der alles managte, der sich als Autodidakt – er war Lehrer in Freudenstadt – zum Experten in Sachen Drucktechnik gemacht hat. "Oh, was hatte ich für Bedenken, als eine Gruppe von Druckern sich zur Führung bei mir angemeldet hatte. Doch ich merkte schnell, die wussten weniger als ich mittlerweile, und nicht ich lernte von ihnen, sondern sie von mir." Kilgus muss auch heute noch schmunzeln, wenn er an diese Begegnung zurückdenkt.

Nach Straßburg, Offenburg oder Schwäbisch Hall?

Kilgus war auch derjenige, der all die Führungen durch die Offizin bestritt und mit Kindern und Künstlern gemeinsam verschiedene Drucktechniken ausprobierte. Als mittlerweile versierter Drucker übernahm er auch Aufträge für bestimmte Drucke für die Kirche, die Gemeinde und die Bürger, wenn sie denn mal eine ausgefallene Einladungskarte verschicken wollten.

Nun muss Hermann Kilgus, früher als gedacht, sein Lebenswerk in andere Hände geben, und zwar aus gesundheitlichen Gründen. Das teilte er in der jüngsten Vorstandssitzung des Vereins "Alpirsbacher Offizin – Historische Druckerei" mit und hatte auch schon Vorschläge für eine mögliche Zukunft der historischen Druckerei vorbereitet. Kilgus: "Ich fühle mich all den Spendern verpflichtet. Sie haben mir die wertvollen Druckmaschinen in der Hoffnung gegeben, dass ich sie für die Geschichte und die nachfolgenden Generationen erhalte und zugänglich mache." Sie möglicherweise zu enttäuschen ist Kilgus’ größte Sorge.

Aus diesem Grund schlug er vor, die ganze Sammlung – zwischenzeitlich nicht nur in im Brauereigebäude mitten in der Stadt zu sehen, sondern auch in einer großen Halle auf dem Sulzberg – in qualifizierte Hände zu geben, beispielsweise nach Straßburg. Dort hat Gutenberg zehn Jahre lang gelebt, und Straßburg hat bisher kein Gutenbergmuseum. Auch die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall würde sich eignen, ebenso das Museum Frieder Burda in Offenburg. Kilgus kann sich auch eine Angliederung an das Bibelmuseum der evangelischen Kirche in Stuttgart vorstellen. "Kommt gar nicht in Frage", war die einhellige Meinung im Vorstand. Die Offizin müsse in Alpirsbach bleiben.

Auf der einen Seite hat das Hermann Kilgus natürlich gefreut, denn hin und wieder hat ihn doch der Zweifel gepackt, ob die Alpirsbacher Bürger wirklich hinter ihm und dieser historischen Druckerei stehen. Auf der anderen Seite treibt ihn aber um, wie es weiter gehen soll. Ein totes Museum, in dem die Maschinen langsam aber sicher verstauben, rosten und die Besucher stumm an ihnen vorbeigehen, weil sie nicht wissen, was das soll, ist ihm ein Graus. "Wir brauchen jemanden, der sich mit dieser Sache beschäftigt und es auch an die nächste Generation weitergibt", sagt Kilgus. Wie wichtig das ist, erfuhr er erst neulich, als junge Burschen in die Offizin kamen und auf eine Druckmaschine deuteten: "Schaut mal, wie groß früher Schreibmaschinen waren!"

Kilgus hat Helfer um sich geschart, die ihm manche Maschine reparieren und warten, doch das meiste hat er selbst gemacht. Dennoch sieht er sich nicht als unersetzbar an. Es wird nicht leicht sein, einen Nachfolger zu finden, und keiner wird so sein wie Kilgus, der sogar eine gewisse äußere Ähnlichkeit zu Gutenberg aufweist. Aber Kilgus sagt selbst: "Man kann sich überall einarbeiten, und mit ein bisschen Interesse an der Materie bin ich mir sicher, dass mein Nachfolger genauso gute Führungen durch die Offizin anbieten wird."

Vielleicht wäre die Aufgabe auch etwas ganz Besonderes für Frauen, meint Kilgus, denn meist sind es sie, die ihre Männer hinter sich herziehen, um die Offizin zu besichtigen, und es sind Frauen, die sich im künstlerischen Bereich mit der Drucktechnik befassen. Das wäre nach Ansicht von Hermann Kilgus auch eine Option: wenn sich Künstlerinnen zusammenschließen, die Offizin als ihren Arbeitsraum benutzen und damit die historische Druckerei am Leben erhielten. So wie es Hermann Kilgus in all den Jahren seines Wirkens immer versucht hat.

Entscheidung fällt in Hauptversammlung am 25. Februar

Am Mittwoch, 25. Februar, wird in der Hauptversammlung des Vereins "Alpirsbacher Offizin – Historische Druckerei" die Entscheidung darüber fallen, wie es mit der Offizin weitergeht, wer den Vorsitz des Vereins übernimmt, wer sich aktiv einbringt, Frührungen macht und das große Werk von Hermann Kilgus künftig übernimmt und für die weitere Generationen am Leben erhält – und zwar in Alpirsbach.