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Mit ihrem schrulligen Mix aus College Rock, Country und Pop haben Camper van Beethoven in den 1980ern das vorweggenommen, was heute Indierock heißt. Das neue Album „El Camino Real“ ist aber nicht nur etwas für Nostalgiker.

Mit ihrem schrulligen Mix aus College Rock, Country und Pop haben Camper van Beethoven in den 1980ern das vorweggenommen, was heute Indierock heißt. Das neue Album „El Camino Real“ ist aber nicht nur etwas für Nostalgiker.

Stuttgart - Bei David Lowery kann man nie wissen, was er so als Nächstes ausheckt. Wie im Jahr 1990: Nachdem er sich sieben Jahre lang mit Camper van Beethoven ausgetobt, sperrig-schöne Songs voller wirrer Ideen veröffentlicht, immer neue Stile ausprobiert hatte, beschloss er auf einmal, dass er genug von dem Firlefanz hatte. Er gründete die Band Cracker und bewies, dass er auch zum Rootsrocker taugt und Hits schreiben kann („Teen Angst“, „Get Off This“).

Und als er dann fand, dass es wieder an der Zeit für Skurriles war, spielte er mit Camper van Beethoven 2002 einfach das komplette „Tusk“-Album von Fleetwood Mac nach. Nebenher hat Lowery auch als Finanz-Analyst gearbeitet und an der Uni unterrichtet. Und wenn man mit ihm vor ein paar Jahren zum Telefoninterview verabredet war, konnte es einem schon mal passieren, dass er während des Gesprächs eines seiner Kinder aufs Töpfchen brachte.

Man ist also auf alles gefasst, wenn eine neue Camper-van-Beethoven-Platte erscheint. So gesehen ist das Kalifornien-Album „El Camino Real“ fast eine Enttäuschung. Denn die neuen Verrücktheiten ähneln den alten. In den Songs sorgt Jonathan Segels Violine gerne für schräge Irritationsmomente („Sugartown“), man ahnt Bluegrass („Darken Your Door“) und Country („Grasshopper“), und zwischendrin gibt es Platz für knuffige, von Gitarrenriffs angetriebene Indierock-Smashhits („It Was Like That When We Got Here“, „Dockweiler Beach“). Man darf sich also an das Großwerk „Key Lime Pie“ erinnert fühlen.

Seitdem die Band nahezu personalidentisch mit Lowerys zweiter Combo Cracker ist, verzetteln sich Camper van Beethoven zwar nicht mehr so vergnügt in ihren Songideen wie früher, doch weiterhin versteht es Lowery, die Songs mit Absurditäten, seltsamen, aber schönen Melodien und Sarkasmus vollzupacken. „I was living happily / Waiting for the world to end“ – ich lebte glücklich und wartete darauf, dass die Welt zu Ende geht –, singt er zum Beispiel in der Nummer „The Ultimate Solution“, die die Platte eröffnet. Und in „I Live In LA“ schwärmt er ungeniert von den schwarzen SUV, Pelzen, Cowboystiefeln, italienischen Anzügen und den tätowierten Nacken in der Nachbarschaft, rät aber am Ende: „Bitte frag mich niemals, wo all das Geld eigentlich herkommt.“