Egal ob Sport, Musik oder Brauchtum: Vereine benötigen fähige Funktionäre, die sich in den Vorstandsämtern engagieren. Solche Personen zu finden wird aber zunehmend schwieriger. Fotos: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Ehrenamt: Verbände im Zollernalbkreis verzeichnen relativ stabile Mitgliederzahlen / Funktionärsposten teils schwer zu besetzen

Von Wolf-Ulrich Schnurr

Wenn Vereine vor der Auflösung stehen, sorgt das oft für große Aufmerksamkeit. Diese Einzelfälle sind meist auf das Fehlen von Funktionsträgern zurückzuführen – denn hinsichtlich ihrer Mitgliederzahl sind die großen Verbände im Zollernalbkreis recht stabil.

Zollernalbkreis. Der Sportkreis Zollernalb ist mit Abstand der größte Verband (siehe Info). Die Zahl seiner Mitgliedsvereine und Mitglieder ist seit der Fitness-Welle in den 1970er-Jahren kräftig gestiegen.

Das liege am wachsenden Freizeitinteresse der Bürger sowie dem gesteigerten Gesundheitsbewusstsein, vermutet der Vorsitzende Hendrik Rohm. "Allerdings gehen die Zahlen seit etwa fünf Jahren zurück", hält er fest. Grund dafür sei die demografische Entwicklung.

Hinsichtlich der Besetzung von Vorstandsämtern sagt Rohm, bei den Sportlern sei die Lage noch entspannt: Derzeit gebe es nur vier unter den Vereinen des Bezirks, bei denen das Amt des Vorsitzenden vakant sei.

Neben den Turnern größter Einzelverband im Sportkreis ist der Fußballbezirk Zollern. 85 Mannschaften sind derzeit im Herren-Spielbetrieb aktiv, die Vereine im Bezirk haben rund 19 000 Mitglieder.

Bezirksvorsitzender Wolfgang Hauf berichtet, dass es auch bei den Fußballern bis 2010 ein stetiges Wachstum geben habe. "Seither sind die Zahlen leicht rückläufig." Auch er vermutet das steigende Durchschnittsalter der Zollernälbler als Grund dafür.

Es sei schwerer geworden, Ehrenamtliche zu gewinnen: "Heutzutage gibt es vielfältigere Freizeitangebote als vor 20 Jahren." Doch Haug sieht auch Positives: Es engagierten sich erfreulich viele junge Menschen ehrenamtlich.

Nach einem Rückgang bei der Zahl der Mitglieder entwickle sich diese beim Blasmusik-Kreisverband Zollernalb wieder positiv, sagt dessen Vorsitzender Heiko Peter Melle: "Das liegt auch daran, dass das Hobby Blasmusik beileibe nicht so angestaubt ist, wie es manchmal unterstellt wird."

Die Trendwende beruht aus Melles Sicht darauf, dass sowohl Mitgliedsvereine als auch der Kreisverband bei Jugendausbildung und Nachwuchsgewinnung sehr aktiv seien: "Die Ausbildung, die größtenteils von Musiklehrern und den Musikschulen vorgenommen wird, ist hochqualitativ, was auch die Eltern sehr zu schätzen wissen."

Stillstand hieße Rückschritt, findet er – nichts zu tun wäre für die Vereinsstrukturen fatal: "›Jugend ist Zukunft‹, der Titel eines Marschs, ist heute aktueller denn je und ist uns Motto und Ansporn zugleich."

Während an Musikern wenig Mangel herrscht, sei es aber häufig schwierig, Vorstandsposten zu besetzen. "Früher waren diese Ehrenämter auch eine Ehre für den Inhaber, und man stellte sich gerne in den Dienst der Vereinsorganisation", erinnert Melle. "Viele Menschen scheuen heute eine noch engere Bindung, und diejenigen, die die Fähigkeiten dazu besitzen, ziehen oftmals aus beruflichen Gründen weg."

Dabei habe sich die Haftung der Amtsträger im Vergleich zu früher gelockert, und es gebe auch einen besseren Versicherungsschutz: "Das heißt, man haftet nicht mehr, wie früher, mit Haus und Hof." Neue Medien und EDV erleichterten die Funktionärsarbeit, weniger werde diese aber nicht.

Für den Chorverband Zollernalb sei es zunehmend schwieriger geworden, Nachwuchs insbesondere für die Männergesangsvereine, aber auch für die Vorstände zu gewinnen, berichtet der Vorsitzende Michael Ashcroft. "Dies hängt mit dem demografischen Wandel zusammen." Viele Menschen seien entweder vereinsmüde geworden oder wanderten in andere Regionen Deutschlands ab.

Der Chorverband könne aber seit 2014 eine gewisse Stabilität erkennen. Die Anzahl der Chöre sei in etwa gleich geblieben.

Allerdings wollten immer weniger Menschen Ehrenämter übernehmen. "Dies hängt vielleicht auch mit der Arbeit zusammen. Junge Leute wollen so was generell nicht mehr in dem Umfang übernehmen."

Die Mitgliederzahl des Schützenkreises Zollernalb ist in den vergangenen zehn Jahren um gut zehn Prozent gesunken. Als einen Grund sieht Erster Kreisschützenmeister Rolf Schneider zum einen "das riesige Sportangebot ohne Vereinszugehörigkeit".

Zum anderen träfen den Schießsport die enorm gestiegenen Kosten durch die Verschärfung des Waffengesetzes mit Kontrollgebühren und Kosten für andere Auflagen. Einen weiteren Nachteil für die Attraktivität des Schießens sieht er in der im Vergleich zu anderen Sportarten geringeren Berichterstattung.

Es werde immer schwieriger, Ehrenamtsposten zu besetzen, bestätigt Schneider. Zudem seien die Auflagen für Jugendtrainer und Trainer allgemein bei den Schützen außergewöhnlich hoch und kostenintensiv. Letztlich bedeuteten Errichtung und Erhalt der Schießstätten einen enormen Aufwand an Geld und persönlichem Einsatz.

Der Narrenfreundschaftsring Zollernalb ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein klein wenig gewachsen: Zwei Zünfte sind hinzugekommen, eine ausgeschieden. "Um bei uns Mitglied zu werden, muss der Verein beziehungsweise die Zunft zunächst bereits zehn Jahre als eingetragener Verein vorweisen können", erklärt Ringpräsident Walter Sieber. "Erst dann erfolgt eine Aufnahme als Gastzunft für weitere fünf Jahre." Auf diese Weise wolle der Ring sicherstellen, dass eine stabile Vereinsarbeit gegeben sei.

Während die etablierten Zünfte "normale" Mitglieder noch vergleichsweise leicht fänden, sei es immer schwierig, Leute für die Führungsämter zu finden: "Die Einstellung zur Vereinsarbeit befindet sich in einem Wandel", beobachtet der Ringpräsident.

Die Verantwortung für Vereinsvorsitzende werde nicht zuletzt durch gesetzliche Aufgaben erschwert. Zudem erfahre das Ehrenamt zu wenig Würdigung, obgleich Politiker dessen Lob Wort immer wieder im Munde führten.

Sieber skizziert aber eine Lösungsmöglichkeit, die nicht nur Narrenzünfte, sondern auch andere Vereine zunehmend praktizieren: Oftmals werden Vorstandspositionen auf ein zwei- bis zu vierköpfiges Team aufgeteilt. Bei einigen Sport- und Musikvereinen im Kreis hat man mit dieser formellen Verteilung der Belastung auf mehr Schultern in den vergangenen Jahren bereits gute Erfahrungen gemacht.