An Bierfässern lang hangeln: keine leichte Aufgabe Foto: Schwarzwälder-Bote

EM: René Boss erweist sich einmal mehr als echter Renner

Im Elitefeld, also quasi bei den Profis, ist René Boss vom Team Geko Racing and Running des Turnvereins Onstmettingen bei der Europameisterschaft der Hindernisläufer gestartet. Der 23-Jährige ist unter den Hindernisläufern bereits ein alter Hase.

Albstadt-Onstmettingen. Die "Obstacle Course Racing European Championchips" (OCR) – die Europameisterschaft der Extrem-Hindernisläufer – lässt nicht jeden ran. René Boss aus Onstmettingen allerdings gehört bundesweit zu den Besten, wenn es darum geht, schneller als andere zu laufen und dabei durch Autoreifen zu schlüpfen, über Strohberge zu klettern, Wände zu überwinden und sich an den ungewöhnlichsten Objekten entlang zu hangeln sowie durch Matschfelder zu robben und Flüsse zu durchqueren. Erst im März beim "Braveheart Battle" im eiskalten unterfränkischen Bischofsheim war er – trotz einer vorangegangenen Verletzung – Achter geworden. Unter mehr als 2500 Teilnehmern.

Diesmal waren es nur 100 Athleten, gegen die Boss antreten musste, dafür aber die besten Europas, aus 21 Nationen. Schon 2016 war Boss bei der EM im niederländischen Nijmegen gestartet – seinem bis dato härtesten Rennen. Unter 161 Läufern hatte er damals Platz 49 belegt.

So weit anreisen mussten er und seine Familie diesmal nicht: In Wächtersbach bei Frankfurt waren die 50 Hindernisse an einer rund 20 Kilometer langen Strecke, die zum größten Teil durch unwegsame Wälder führte, aufgebaut und in zwei Kategorien unterteilt: Die meisten Hindernisse ließen nur einen Versuch zu. Wer scheiterte, musste eine Strafrunde laufen. "Die anderen Hindernisse jedoch durfte man versuchen, so oft man wollte", berichtet Boss. Allerdings: "Wer sie nicht geschafft hat, musste sein Armband abgeben und kam nicht in die offizielle Wertung." Für den Onstmettinger keine Option – bei seiner Erfahrung.

"Matschlöcher, Sandsäcke tragen, Gewichte durch den Wald ziehen" – nach René Boss’ Ansicht sind das "kleine Hindernisse", auch wenn die Strecke durch den Regen am Vortag sehr matschig gewesen sei. Vier Strafrunden musste er dann allerdings doch laufen, zum Beispiel weil er am längsten Hindernis, den "uphill monkeybars", einer Kombination aus sechs Hangel- und Kletterteilen mit dem Fuß abgerutscht war und beim Hammerwurf das Ziel knapp verfehlt hatte.

Die meisten Hindernisse jedoch hat Boss "ohne große Probleme" gemeistert und sich hie und da sogar etwas Zeit gelassen, um keine Strafe zu riskieren: Auf den reinen Lauf-Abschnitten konnte der blitzschnelle Läufer die Zeit schließlich wieder reinholen.

"Die letzten fünf Hindernisse haben mir allerdings nochmal alles abverlangt", berichtet er: "Zuerst ging es über den Fjord Drop, eine zehn Meter hohe, fast senkrechte Wasserrutsche, dann über eine Holzwand, von der man in eine weitere Wand springen musste, und hangelnd weiter, an beweglichen Rädern bis zu Glocke."

Auch am vorletzten Hindernis musste der Geko-Renner mehrere Anläufe nehmen – wie die meisten, sodass dort "reger Betrieb" herrschte. Trotzdem gelang es ihm, dort noch ein paar Plätze gut zu machen. "Es war ein Hindernis mit verschiedenen Hangel-Elementen", erklärt Boss. "Die Reifen zum Festhalten waren sehr weit auseinander, und man musste mit Schwung aus dem ganzen Körper arbeiten."

Die finalen Hindernisse hat Boss um so bravouröser gemeistert. "Dort lief es sehr gut", freut er sich. "Zuerst ging es über eine Wand, dann durch einen Dschungel aus Seilen und über ein Netz. Aus den Bierfässern, die danach an einem Gerüst hingen, hätte er nach der Tortur vermutlich lieber einen Schluck zur Stärkung genommen, musste sich aber an den Griffen entlang hangeln – bis zum Ziel. Dort ist René Boss als 22. angekommen – und damit im ersten Viertel. Besser als bei seiner ersten EM. Hut ab!