Kabarett: "Ganz arg wichtig!" – Heinrich Del Core begeistert das Publikum im ausverkauften Thalia-Theater

"Ganz arg wichtig" – so lautete das Motto des Programms, das Heinrich Del Core im Tailfinger Thalia-Theater präsentierte. Und in dem er so manchen aufs Korn nahm, der sich selbst zu wichtig nimmt.

Albstadt-Tailfingen. Der Publikumsandrang war erwartungsgemäß groß – der Mann aus Rottweil mit den roten Schuhen und der schwäbisch-italienischen Ahnenreihe ist hierzulande ein Garant für volle Säle. Die Bühne ist sparsam möbliert; ein Stuhl, ein Barhocker, ein Caféhaustisch und die Stellwand, auf welcher der Schriftzug mit dem Motto – siehe oben – prangt, mehr braucht Del Core nicht, um zu zeigen, wie komisch das Leben und nicht zuletzt man selber sein kann.

"Ganz arg wichtig" – was kann das sein? In Rottweil beispielsweise die geplante Justizvollzugsanstalt, der Thyssen-Krupp-Turm oder die – ebenfalls geplante – längste Hängebrücke der Welt. Nachdem Del Core diese aktuellen Themen abgehandelt hat, wendet er sich jenem Territorium zu, auf dem er unbestrittenes Heimrecht hat, dem Familienleben und der Banalität des Alltags. Das mittägliche Pizzaessen zum Beispiel – exemplarisch führt Del Core vor, wie frau ihren Mann dazu bringt, das zu essen, was sie will, und es ihm dann – Gipfel der Virtuosität – vorwirft. Auf ihre Frage "Habe ich zugenommen?" kann er nur die falsche Antwort geben, denn eine richtige gibt es nicht. Abgründe tun sich auch dann zwischen den Geschlechtern auf, wenn es ums Wünschen geht: Sie will den Thermomix, er eine Drohne – er muss sich am Ende mit einer im "Will-i-Stil" begnügen – die Biene Maja lässt grüßen – ; an "Krieg-i au" ist nicht zu denken. Aber zum Glück gibt es ja noch den "Douglas" für den Mann: den Baumarkt. Wobei es auch mit diesem Paradies nicht weit her ist; man versuche nur, dort einen sachkundigen Berater zu finden.

Es gibt aber nicht nur den Gegensatz der Geschlechter, sondern auch der Generationen. Gefesselt durch einen Generationenvertrag, den man nie unterschrieben hat, ist man zu Hilfeleistungen unter widrigsten Umständen verpflichtet – und muss sich dann von jungen Alten auf dem E-Bike überholen lassen, die sich höhnisch feixend über die schlechte Kondition der Jugend von heute lustig machen. Auch Kreuzfahrten stehen bei den 70-Jährigen hoch im Kurs; schließlich sind sie billiger als der Platz im Heim. Da hilft nur noch eine Waffe: die zur Spaghettizange umfunktionierte prothetische Gebiss im Kartoffelsalat.

Ein Klassiker sind Heinrich Del Cores Kindheitserinnerungen: Autoreise in den Italienurlaub mit drei Jungs auf der Rückbank. Indes ist das Szenario etwas angestaubt: Während die Kinder damals quengelten "Wann sind wir da?", muss man die im Zeitalter von Tablets und Smartphones nach der Ankunft gewaltsam aus dem Wagen zerren. Der übrigens auch nicht mehr das ist, was er mal war: Sein Alkoholsensor verdammt jeden, der zu tief ins Glas geschaut hat, zu Fuß nach Hause zu gehen.

Die Zugaben geraten zum Wunschkonzert: Das Publikum fordert "Wanderhoden" und die Zahnarztepisode – und hat danach noch immer nicht genug. Doch dem Open-End schiebt die Technik einen Riegel vor – das Licht im Saal geht an, basta! Macht aber nichts, Heinrich Del Core gibt im Foyer noch Autogramme – und kommt ganz bestimmt wieder.