Für Hans Pfarr ist das Ziel, die Kinderlähmung auszurotten, nicht mehr fern – auch wenn in Afghanistan und Pakistan Impfaktionen durch Bewaffnete gesichert werden müssen. Foto: Djokic Foto: Schwarzwälder-Bote

Welt-Polio-Tag: Hans Pfarr mahnt: "Der Kampf gegen die Kinderlähmung ist noch nicht vorbei"

"Wer braucht heute noch eine Polio-Impfung? Hunderttausend Kinder. Und Sie." Mit diesem Plakat will Hans Pfarr, der erneut zum Polio-Beauftragten des Rotary-Clubs Deutschland gewählt wurde, daran erinnern, dass der Kampf noch nicht vorbei ist.

Albstadt. Anlässlich des Welt-Polio-Tags am 28. Oktober macht der Rotary Club darauf aufmerksam, dass es die gefährliche Krankheit Kinderlähmung oder Poliomyelitis – kurz Polio genannt – nach wie vor gibt. Auch wenn Deutschland seit 15 Jahren als polio-frei eingestuft wird, ist die Gefahr noch längst nicht gebannt ist, warnt Hans Pfarr. Albstadts Alt-Oberbürgermeister ist erneut zum Polio-Koordinator aller Rotary-Clubs in Deutschland berufen worden – eine Aufgabe, die er seit 1998 mit Leidenschaft und Beharrlichkeit ausübt. "Auch wenn wir kurz vor einer polio-freien Welt stehen: Das letzte Prozent ist immer am schwersten."

Seit 1988 ist die Zahl der jährlichen Infektionen von 350 000 auf 26 gesunken. Die Zahl der von Polio betroffenen Länder ist im selben Zeitraum von 125 auf drei zurückgegangen: Zuletzt, nämlich 2012, war es Indien, das als polio-frei anerkannt wurde; inzwischen gelten nur noch Nigeria, Afghanistan und Pakistan als endemisch, wobei die beiden letzteren auf sehr gutem Weg seien. "Dort geht die Zahl der Polio-Fälle drastisch zurück", berichtet Pfarr. Allerdings müssten Sicherheitskräfte die Impfaktionen vor Angriffen durch Taliban schützen – das belegt ein Foto, das Pfarr in einem Magazin entdeckt hat.

Bitter: "Im Juli war ich bei der Rotary-Konferenz in Evanston bei Chicago, wo die drei noch betroffenen Länder referiert haben", berichtet Pfarr. "Nigeria war zu diesem Zeitpunkt seit zwei Jahren ohne Polio-Fall – noch ein Jahr, und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hätte das bevölkerungsreichste afrikanische Land als polio-frei hätte deklarieren können." Doch einige Wochen nach dem Treffen in Evanston traten drei Polio-Fälle in Nigeria auf", so Pfarr. "Das ist sicher ein Rückschlag für Nigeria – andererseits zeigen diese Fälle, dass die dortigen Kontrollsysteme greifen." Außerdem seien im August und September 23 Millionen Kinder in Nigeria frisch geimpft worden – eine gute Voraussetzung dafür, dass Nigeria sein Ziel trotz des Rückschlags bald erreichen könne. Pfarr ist optimistisch: "Die schaffen das."

Die Mechanismen der WHO zur schnellen Eindämmung nach neuen Krankheitsfällen funktionieren, wie Pfarr darlegt: Dank einem Archiv lasse sich feststellen, von wo genau ein Virusstamm herkomme – so geschehen 2010, als Viren von Nigeria über das Horn von Afrika bis nach Indonesien transportiert wurden – und dort schnell geortet und eingedämmt werden konnten.

"Polio ist nur eine Flugreise weit entfernt"

Das Beispiel zeigt deutlich, warum Hans Pfarr nicht aufhört, für die Schutzimpfung auch unter Erwachsenen zu werben, die nur jeweils zehn Jahre vorhält: "Das nächste Polio-Virus ist nur eine Flugreise entfernt", mahnt er. Selbst geimpfte Menschen können das Virus übertragen – doch nur bei nicht geimpften Personen breche die Krankheit aus.

"Mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar haben Rotarier in aller Welt bisher für den Kampf gegen Polio gespendet", berichtet Pfarr, "und die Stiftung von Bill und Melinda Gates verdreifacht bis 2018 jeden Spendendollar." Als Polio-Beauftragter von Rotary Deutschland ruft er deshalb alle Clubs dazu auf, Ideen zu entwickeln, um weiter Spenden zu sammeln, vor allem jetzt, zum Welt-Polio-Tag, der an den Geburtstag des Immunologen Jonas Edward Salk erinnert. Der hatte mit der Entwicklung des inaktivierten Polioimpfstoffs den Kampf gegen die Kinderlähmung erst möglich gemacht. Pfarr betont: "Jeder Welt-Polio-Tag soll daran erinnern: Es gibt noch etwas zu tun."