Günter Schneidewind sprüht von Geschichten über die großen Rocklegenden. Foto: Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

Literaturtage: Günter Schneidewind erzählte Anekdotisches aus der Rockgeschichte

Albstadt-Ebingen. Nein, er hat sich diesen "Nom de guerre" nicht selbst ausgedacht, er ist auch nicht seiner Körpergröße – 1,83 Meter – geschuldet, sondern war einfach nur ein Gag in der SWR1-Hitparade. Ein folgenreicher Gag: Mit 64 ist Günter Schneidewind immer noch "Der Große Schneidewind", und da er mit 65 seine Abschiedstournee zu geben gedenkt, dürfte der Name die Bühnenpräsenz überdauern. Ein drittes Buch wird es voraussichtlich nicht geben.

Dass Günter Schneidewinds Albstädter Lesung in der Mensa des Gymnasiums Ebingen über die Bühne ging, passt zur Biografie – ehe er Moderator, Musikredakteur und Polyhistor der Pop-und Rockgeschichte wurde, war er Gymnasiallehrer, damals noch in der DDR. In seinem Buch "Der Große Schneidewind" hat er seine Begegnungen mit den Stars und Sternchen der Pop-und Rockszene dokumentiert und jene Geschichten festgehalten, die seine Kollegen stets mit dem stereotypen Imperativ "Schreib das auf!" kommentierten, wenn er sie zum Besten gab.

Schneidewind begann mit historischen Reminiszenzen an die Zeiten, als Rockmusiker in Anzügen auf die Bühne kamen und wie Konfirmanden aussahen, als die "Hottentottenmusik" einen "Kulturkampf der Generationen" auslöste, die Bildzeitung barmte, "Satisfaction" von den Stones könne die Jugend verderben, und im anderen Deutschland Walter Ulbricht, Generalsekretär der SED, empört fragte, ob "wir denn jeden Dreck, der aus dem Westen kommt, kopieren müssen".

Schneidwinds Ebinger Zuhörer erfuhren einiges, was sie vielleicht noch nicht wussten: dass der markerschütternde Schrei in Joe Cockers Song "With a Little Help From my Friends" nicht geplant, sondern ein spontaner Akt war – "auf Kommando", so Cocker, "geht das nicht" – , dass Shirley Bassey beim Versuch, den letzten Ton des Bond-Titellieds "Goldfinger" möglichst lange auszuhalten, in Ohnmacht gefallen sei, und dass Jimmy Page, Gitarrist und Leitwolf von "Led Zeppelin", ausgerechnet Katharina Valente instrumental begleitet habe. Die Band, mit der er berühmt wurde, verdankte ihren Namen übrigens Keith Moon: Der Drummer von "The Who" hatte prophezeit, mit Page werde die Band unweigerlich abstürzen wie ein "lead zeppelin", ein "bleierner Zeppelin". Page und seine Co-Musiker machten das Beste daraus.

Auch Udo Lindenberg hat Schneidewind interviewt – den Termin zu bekommen sei schwierig gewesen, weil Lindenberg immer erst um 16 Uhr aufstand. Dass der Wunsch des Doyens der Deutschrocker, in der DDR aufzutreten, so lange unerfüllt blieb, erklärte Lindenberg sich damit, dass er Erich Honecker, dem "Steifftier", eine Gitarre mit der Aufschrift "Gitarren statt Knarren – keine Pershings oder SS-20 auf deutschem Boden" verehrt habe. Der Dank war ein "Lokalverbot" in der DDR.

Apropos Deutschrock: Als ersten großen Vorläufer der Rockmusiker von heute apostrophierte Schneidewind Walter von der Vogelweide, den großen Lyriker, Minnesänger und Politpropagandisten aus dem 13. Jahrhundert.

Abschließend wurde am Büchertisch der Buchhandlung Grotz signiert – und den Wunsch nach einem gemeinsamen Selfie mit dem Rock-Enzyklopäden erfüllte "Der Große Schneidewind" seinen Fans natürlich auch sehr gerne.