Das Vorstandsteam der Volksbank Albstadt: Benjamin Wurm, Reiner Lebherz, Klaus Ritter und Robert Kling (von links). Foto: Kistner

Gespräche sind bereits weit gediehen: Institute aus Ebingen und Tailfingen wollen sich zusammentun. Mit Kommentar.

Albstadt - Vor knapp drei Wochen wurde die erste große Volksbankenfusion im Zollernalbkreis publik – und schon folgt die Nachricht von der zweiten: Die Volksbanken Ebingen und Tailfingen schließen sich zur Volksbank Albstadt zusammen. Sofern die Mitglieder einverstanden sind.

Dass es eines Tages dazu kommen würde, hatte für viele Außenstehende nahegelegen – aber vorstellen konnte es sich doch keiner so recht. Jetzt ist es so weit: Am  9. Mai wird der Vorstand der Volksbank Tailfingen ihrer Vertreterversammlung den Antrag, zu fusionieren, zur Abstimmung stellen, am 19. Mai folgt die Volksbank Ebingen nach. Beide Versammlungen müssen mit deutlicher Mehrheit zustimmen: Wenn nicht mindestens 75 Prozent zustimmen, ist die Fusion geplatzt.Kommt die Mehrheit jedoch zustande, dann geht alles weitere recht schnell: Anders  als die Volksbanken Balingen und Hohenzollern, die den 1. Januar 2015 als Stichtag gewählt haben, schließen sich die Volksbanken Ebingen und Tailfingen rückwirkend zum 1. Januar 2014 zusammen. Die Schilder "Volksbank Albstadt" sollen noch vor den Sommerferien im Stadtbild auftauchen. Mit einer Bilanzsumme von 964 Millionen Euro (Stand Ende 2012) wäre die Volksbank Albstadt dann ein halbes Jahr lang die größte Volksbank im Kreis – 2015 wird die Volksbank Balingen-Hohenzollern sie freilich vom ersten Platz verdrängen.

Vierköpfiger Vorstand mit Ritter als Sprecher

Geleitet werden  soll die neue Volksbank von einem vierköpfigen Vorstandsteam, dem der 45-jährige Klaus Ritter  und Reiner Lebherz (55), die Vorstände der Volksbank Tailfingen, sowie Robert Kling (41) und Benjamin Wurm (35), die Vorstände der Volksbank Ebingen, angehören. Als Vorstandssprecher amtiert Ritter; der Firmensitz heißt Albstadt – eine Präferenz für Ebingen oder Tailfingen soll bewusst vermieden werden. Aufsichtsratsvorsitzender wird Andreas Fandrich, der dieses Amt derzeit in Ebingen versieht, sein Stellvertreter der derzeitige Tailfinger Aufsichtsratsvorsitzende Axel Pflanz. Der Zusammenschluss der beiden Volksbanken ist, wie die vier Bankvorstände versichern, keineswegs eine Reaktion auf die Fusion von Balingen und Hohenzollern. Nicht von ungefähr werde er rückwirkend vollzogen: Erste Kontakte in dieser Sache haben es bereits im August 2012 gegeben, erste Sondierungsgespräche, bei denen die Protagonisten   nähere Bekanntschaft miteinander machten, im November 2012 – und danach habe man ein Jahr lang systematisch die Agenda abgearbeitet, habe Bestandsaufnahme gemacht, Zahlen geprüft, Stärken und Schwächen  unter die Lupe genommen, Geschäftsfelder abgeglichen.All das mit einem Ziel: Kompetenzen, Kapazitäten und Kräfte zu bündeln, um in einem Wettbewerb zu bestehen, der in den vergangenen Jahren an Härte zugenommen hat. Die weltweite Finanzsituation ist nach wie vor undurchsichtig und schwer einschätzbar, Zinsen, die historisch niedrig sind und wohl auch bleiben werden, erschweren den Genossenschaftsbanken ebenso das Geschäft wie internationale Reglementierungen, die, wie die vier Vorstände unisono beklagen, Große und Kleine, Global Player und klassische Regionalbanken ohne Rücksicht auf die Unterschiede über einen Kamm scheren.Die Vorstände der beiden Volksbanken versprechen sich unter diesen Umständen mehr Ellenbogenfreiheit, Leistungs- und  Handlungsfähigkeit von ihrem Zusammenschluss. Laut Robert Kling ermöglicht er es, das Leistungsspektrum zu erweitern, bereits bestehende Geschäfts-felder auszubauen und neue zu erschließen.

Alle Arbeitsplätze bleiben erhalten

Letztlich, so der Tenor,  profitierten alle von der Fusion: die Kunden aus der mittelständischen Wirtschaft, denen eine größer gewordene Bank auch ein größeres Kreditvolumen zur Verfügung stellen könne, ebenso wie die Mitarbeiter, denen in einem größeren Haus auch größere Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierechancen offen stünden. Mehr als 220 beschäftigen die beiden Banken derzeit; von ihnen soll keiner seinen Arbeitsplatz verlieren. Auch  Filialen werden nicht geschlossen. Die Volksbank Ebingen, die dies erst vor kurzem getan hatte, betreibt derzeit 13, die Volksbank Tailfingen sechs. Ein Reizthema sind neuerdings die Kontoführungsgebühren – die Ebinger, die jahrelang keine erhoben, haben jüngst recht spezifizierte eingeführt. Was haben die Tailfinger vor? Reiner Lebherz verweist darauf, dass auch in seinem Haus über kurz oder lang etwas passiert wäre. "Unsere Modelle sind zig Jahre alt und überholungsbedürftig." Wie die neue Lösung der neuen Bank aussehen könnte, steht derzeit noch nicht fest.Wie so manches andere: Wird dem Zusammenschluss der beiden größeren Albstädter Genossenschaftsbanken ein Beitritt der kleinsten, der Onstmettinger Bank, folgen? Gespräche gab es laut Klaus Ritter bereits, doch keine Ergebnisse – "Wir bleiben offen." Die größte Unbekannte ist derzeit freilich die Reaktion der Mitglieder und Vertreter – zumal in Tailfingen, wo der  eine oder andere Vorbehalte gegen den fast dreimal größeren und zuletzt  problemgeplagten Ebinger Partner haben könnte. Klaus Ritter und Reiner Lebherz wollen diese Bedenken zerstreuen. "Wir sind auf Augenhöhe – und sehen das neue Haus als leistungsfähige und zugleich kundennahe Regionalbank."

Info: Die Banken vor und nach der Fusion

Volksbank Ebingen

Bilanzsumme: 712 Mio. Euro

Kunden: 45.722

Mitglieder: 20.540

Geschäftsstellen: 13

Kredite: 278 Mio. Euro

Einlagen: 564 Mio. Euro

Mitarbeiter: 147

Dividende: 4,5 Prozent

Volksbank Tailfingen

Bilanzsumme: 252 Mio. Euro

Kunden: 17.159

Mitglieder: 8541

Geschäftsstellen: 6

Kredite: 125 Mio. Euro

Einlagen: 190 Mio. Euro

Mitarbeiter: 80

Dividende: 5 Prozent

Volksbank Albstadt

Bilanzsumme: 964 Mio. Euro

Kunden: 62.881

Mitglieder: 29.081

Geschäftsstellen: 19

Kredite: 403 Mio. Euro

Einlagen: 755 Mio. Euro

Mitarbeiter: 227

Dividende: (?)

Kommentar: Höchste Zeit

Von Karina Eyrich

"Die Volksbank Tailfingen würde eher mit der Chase Manhattan Bank fusionieren als mit der Volksbank Ebingen", hat ein Beobachter der Albstädter Bankenszene einst gesagt. Das war im Jahr 2007. Dass die beiden Genossenschaftsbanken nur sieben Jahre später zu einer werden – für Albstadt ist es ein kleines Erdbeben.

Nun ist dieser Begriff in unserer so oft durchgeschüttelten Stadt nicht gerade positiv besetzt – dieses Erdbeben jedoch dürfte weit mehr gute als negative Folgen nach sich ziehen. Zuvörderst: Gemeinsam gewinnen die beiden bisher selbstständigen Geldinstitute – vor dem Hintergrund jüngster Bankenfusionen in der Region – an Bedeutung und Gewicht. Dieses erschien  zumal im Falle der Volksbank Ebingen gefährdet. Der Hintergrund: die weltweite Finanzkrise, ins Bodenlose fallende Zinssätze, mehrere Personalwechsel an der Spitze und eine neue Generation von Bankkunden, die sich weniger durch emotionale Bindung an die "Heimat-Bank" denn durch höhere Affinität zum Online-Banking auszeichnen. Zweieinhalb Prozent Zinsen bei der schottischen Bank, anderthalb vor Ort? Nichts wie weg auf die Insel mit dem Tagesgeld!

So kam die Schließung von acht Filialen im Gebiet der Volksbank Ebingen – es reicht immerhin von Schwenningen bis Bitz und von Kaiseringen bis nach Dotternhausen – zum 1. Januar 2014 nicht unerwartet. 13 Geschäftsstellen bleiben den Ebingern damit noch; immerhin sechs sind es in Tailfingen.

Die Zahl der Mitarbeiter – 147 in Ebingen, 80 in Tailfingen – addiert sich auf 227, die Zahl der Mitglieder auf knapp 30.000. Mit 17.000 hat die Volksbank Tailfingen den jüngsten Stand ihrer Kundenzahl angegeben – zu diesem Punkt hat die Volksbank Ebingen bei der Vertreterversammlung 2013 und in ihrem Geschäftsbericht 2012 geschwiegen: Es ist kein Geheimnis, dass ihr – spätestens seit der längst notwendigen Einführung von Kontoführungsgebühren – Kunden davongelaufen waren.

Im 130. Jahr der Volksbank Tailfingen und im 149. Jahr der Volksbank Ebingen, im 39. Jahr des Bestehens der Stadt Albstadt, machen die beiden größten Genossenschaftsbanken der Stadt also gemeinsame Sache. Beobachter dürfen gespannt darauf sein,  was folgt: Wird sich auch die Onstmettinger Bank als dritte im Bunde anschließen, zumal die Volksbanken im Zollernalbkreis schon seit Jahren verstärkt gemeinsam auftreten, werben, Aktionen organisieren? Steht im Ebinger Geschäftsbereich ein neuerlicher Aufschwung ins Haus? Im Rückblick noch interessanter als bei der Vertreterversammlung im Juni 2013 ist angesichts der jüngsten Entwicklung der Absatz über die "Voraussichtliche Entwicklung" im Geschäftsbericht 2012. Dort ist von verstärktem Wettbewerb, Margendruck und steigenden Anforderungen an die Produkt- und Beratungsqualität die Rede.Mit der Fusion holt sich die Volksbank Ebingen einen Partner ins Haus, der für Bodenständigkeit steht, bisher meist die kleineren und vorsichtigeren Schritte den Sieben-Meilen-Stiefeln der Expansion vorzog hat.

Damit sitzt künftig nicht nur die zweite große Genossenschaftsbank der Stadt mit im Boot (und manche Kunden, die in den vergangenen Jahren das Weite Richtung Tailfingen suchten, kehren auf diese Weise zurück), sondern die Volksbanken bündeln auch ihre Kompetenzen: Aus- und Weiterbildung schreiben beide Häuser, gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Verzweigung weltweiter Finanzwege, groß. Ob die Fusion der beiden Genossenschaftsbanken auch die beiden größten Stadtteile Albstadts näher zueinanderbringt? Schön wär’s. Und höchste Zeit.