Großer Bedarf herrscht in Albstadt an psychologischer Hilfe, hat der Gemeinderat erfahren. Symbol-Foto: Brichta Foto: Schwarzwälder-Bote

Sozialausschuss: Psychologische Beratungsstelle bilanziert das Jahr 2015

Die Psychologische Beratungsstelle in Ebingen hat am Donnerstag dem Gemeinderatsausschuss für Soziales, Kultur, Schule und Sport über ihre Arbeit im Jahr 2015 Bericht erstattet. Der Tenor: Der Beratungsbedarf wird nicht geringer – und die Versorgung eher schlechter.

Albstadt-Ebingen. 691 Personen haben die Psychologische Beratungsstelle 2015 um Rat ersucht; das sind neun Prozent mehr als 2014. Die Zahl der Beratungsfälle stieg leicht auf 435. Davon entfielen 160 auf Erziehungs- und Familienberatung, 63 auf Ehe- und Paarberatung und 212 auf Lebensberatung. Allerdings lässt sich die Schublade nicht immer eindeutig bestimmen; nicht selten verbirgt sich hinter dem vordergründigen Schulproblem des heftig pubertierenden Sohns ein Beziehungsproblem der Eltern. Dass zumal die Ratsuchenden mit Migrationshintergrund fast ausschließlich wegen Problemen kommen, die ihre Kinder haben oder bereiten, bedeutet nicht, dass sie keine Eheprobleme hätten. Aber für die sind die Psychologen ihrer Ansicht nach nicht zuständig.

Auffällig hoch war 2015 der Anteil der Ratsuchenden, die es bei einer einzigen Sitzung beließen – über die Gründe kann man spekulieren. Einige, mutmaßt Beratungsstellenleiter Stephan Heesen, dürften gemerkt haben, dass ihr Wunsch nach dem Patentrezept unerfüllt, die Frage nach dem Knopf, auf den man drücken müsse, unbeantwortet bleiben würde. Andere könnten Angst vor der eigenen Courage bekommen haben – oder davor, dass ihnen Veränderungen abverlangt werden könnten, zu denen sie innerlich nicht bereit seien. Heesen hat allerdings auch erlebt, dass ein Herr, der schon ohne Folgetermin zur Tür gegangen war, es sich auf der Schwelle doch noch anders überlegt habe. Ärgerlich findet er die 41 Fälle, in denen Ratsuchende sich einen Termin geben ließen und dann doch nicht erschienen – anrufen könne man doch; dann sei wenigstens die Zeit nicht verloren.

Konstant ist der Anteil der Geschlechter unter den Ratsuchenden: 62 Prozent sind Frauen – Männer tun sich schwer damit, bei seelischen Problemen fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen. Fast zwei Drittel der Ratsuchenden kommen aus dem Mittelbereich Albstadt, 17 Prozent aus Balingen und acht Prozent aus Hechingen. Auffällig gestiegen ist die Zahl der Studenten, die sich beraten lassen – sie hat sich verdoppelt. Stephan Heesen macht steigenden Arbeits- und Leistungsdruck dafür verantwortlich.

Womöglich noch dringlicher als in den vergangenen Jahren erscheint das Problem der Aus- und Überlastung. Die durchschnittliche Wartezeit liegt wie gehabt bis knapp vier Wochen, acht Wochen Wartezeit sind nicht ungewöhnlich – Heesen drängt auf eine Erhöhung der Stellenzahl von 260 auf wenigstens 300 Prozent; entsprechende Gespräche mit dem Landratsamt laufen.

Was dem Leiter der Beratungsstelle außerdem Sorgen macht, ist die allgemeine Verschlechterung der Versorgungslage im Zollernalbkreis, vor allem die mit Fachärzten: Etliche betagte Seelenärzte gehen in den Ruhestand. Ferner will die grüne Stadträtin Susanne Feil gehört haben, dass die Kassenzulassung einer Balinger Praxis zur Disposition stehe. Gut möglich, lautete die Antwort: Bei der Beurteilung der Versorgungslage sei die Region maßgeblich, und Tübingen und Reutlingen seien verhältnismäßig gut versorgt. Der Zollernalbkreis müsse dafür büßen.