Das Podium des ACE – links der Landesvorsitzende Stefan Heimlich, in der Mitte der Kreisvorsitzende Walter Happle und rechts Hans-Martin Haller. Foto: Retter Foto: Schwarzwälder-Bote

Auto Club Europa lud zur Podiumsdiskussion über Straßenbau und -finanzierung

Von Anne Retter

Albstadt-Tailfingen. Das Thema betrifft viele; das Podiumsgespräch, zu dem der Auto Club Europa (ACE) ins Foyer der Zollern-Alb-Halle geladen hatte, hätte sicher ein größeres Publikum verdient. Es ging um den Zustand des Straßennetzes – in Deutschland und auch in Albstadt.

"Ich will die Leute für die infrastrukturellen und verkehrspolitischen Probleme der Region sensibilisieren", erklärte Walter Happle, Vorsitzender des ACE Zollernalb – nach der Zahl der Zuhörer zu schließen ist da noch Luft nach oben. Neben ihm saß Hans-Martin Haller, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, auf dem Podium – er wusste einiges zum Thema Geld zu sagen: Für Neu- und Ausbau der Autobahnen und Bundesstraßen im Land stünden seit Jahren keine ausreichenden Mittel zur Verfügung. 2013 seien es 187 Millionen Euro gewesen, von denen freilich schon 50 Millionen für die Finanzierung von früher begonnenen Bauprojekten verplant seien. "Ein neuer Tunnel verschlingt praktisch das Budget eines ganzen Jahres", rechnete Haller vor. Immerhin: "Für die Instandhaltung stehen Mittel zur Verfügung." Mit 33 Millionen Euro sei Baden-Württemberg 2013 zumindest über die Runden gekommen.

Was sowohl Haller als auch die ACE-Vertreter auf dem Podium als Unding ansehen: Alljährlich zahlten die deutschen Autofahrer 50 Milliarden Euro in die Staatskasse – in den Sektor Verkehr flössen aber nur zwischen 25 und 30 Milliarden zurück. "Seit über 30 Jahren lässt Deutschland sein Straßennetz verrotten", erklärte Stefan Heimlich, der ACE-Landesvorstandsvorsitzendet. "Was wir da haben, ist die Erstausstattung, und wir pflegen sie nicht!"

Könnte eine Maut eine Option das Problem lösen? Hallers SPD ist dagegen. "Das bringt nichts. Bei der Lkw-Maut hat man eine Million eingenommen – und gleichzeitig eine Million steuerfinanzierte Mittel gestrichen. So würde es wieder laufen. Außerdem wird das System doch jetzt schon durch die Nutzer finanziert." Laut Heimlich leiden die Straßen vor allem unter dem Lastverkehr; gemäß dem Verursacherprinzip müsste man den stärker beanspruchen. Eine Verlagerung auf die Schiene mache leider wenig Sinn, weil 80 Prozent des Lastverkehrs auf Fahrten über weniger als 150 Kilometer entfielen.

Von einer PKW-Maut hält Heimlich auch nicht viel: Derzeit würden die deutschen Autofahrer benachteiligt; eine Maut nur für Ausländer bringe aber kein Geld, weil sie nur fünf Prozent des Verkehrsaufkommens ausmachten. Sollte die Maut tatsächlich die Kosten decken, müsste die Vignette 284 Euro kosten. Wenn Vignette, dann bitte richtig: Heimlich verlangt eine Staffelung nach Gewicht und Achsenanzahl der Fahrzeuge.

Ein weiterer Aspekt der Problematik sind die politischen Partikularinteressen. Jedes Bundesland, so Haller, habe seine eigenen: In den neuen Bundesländern sind die Straßen sowieso neu, und Stadtstaaten bräuchten keine Landstraßen und Autobahnen. Haller schwebt eine Lösung nach österreichischen Vorbild vor: Eine regierungsunabhängige Bundesgesellschaft verwaltet die Gelder und plant Bauvorhaben auf sechs Jahre hinaus – die Politik habe da nichts zu melden.

Ein Neuordnung gibt es zumindest beim ACE: Bei der Mitgliederversammlung, die am 14. Oktober in Hechingen stattfindet, fusionieren zwei Regionen zum Kreis Neckar-Alb, der dann von Tübingen bis Pfullendorf reicht.