Arbeit statt Wahlkampf: Reiner Stegmüller ist als selbständiger Einzelhändler in seinem Laden unabkömmlich, will aber am Samstag noch auf dem Markt werben, wenn es seine Zeit erlaubt. Foto: Eyrich

Reiner Stegmüller im Wahlkampf: Als Alleinunternehmer hat er kaum Zeit für eigene Werbekampagnen.

Albstadt - Wahlkampf? Ist für Reiner Stegmüller derzeit nicht drin. Obwohl es nur noch wenige Tage sind bis zum 8. März, wenn er als einziger offizieller Gegenkandidat zu Jürgen Gneveckow um dessen Amt des Oberbürgermeister antritt.

"Ich bin Alleinunternehmer und die ganze Arbeit hat sich gestaut", sagt Stegmüller, der in seinem Laden in der Oberen Vorstadt derzeit alle Hände voll zu tun hat, ist er doch öfters auch abends aktiv, etwa um Nähmaschinen zu reparieren. Über die Kandidatenvorstellung und andere Termine im Zusammenhang mit der Oberbürgermeisterwahl war das etwas zu kurz gekommen. "Da herrscht einfach keine Chancengleichheit", sagt Stegmüller mit Blick auf seine zeitlichen Möglichkeiten.

Wie kommentiert Stegmüller die inoffizielle Kandidatur von Klaus Konzelmann nach Ablauf der Bewerbungsfrist? "Mein halbes Ziel habe ich jetzt immerhin schon erreicht, denn dadurch sind die Chancen auf einen dritten Wahlgang gestiegen." Für diesen, so hofft Stegmüller, könnten dann noch weitere Kandidaten einsteigen.

"Die Stimmung in Albstadt ist schlecht"

"Die Stimmung in Albstadt ist schlecht", ist Stegmüllers Beobachtung. "Gerade im Wohngebiet Mehlbaum. Was man da anrichtet und wie man die Leute dort enttäuscht", kommentiert er die Pläne der Stadt, den Bau einer Ferienwohnanlage zu ermöglichen. "Wenn die das durchziehen, wird das viele abschrecken." Für den Preis der Ferienwohnanlage könnten sechs bis sieben Einfamilienhäuser entstehen, die mehr Nutzen brächten, nämlich Familien mit Kindern. Apropos Gebäudewert: Sein eigenes Gebäude in der Oberen Vorstadt, in dem sich sein Laden für Nahmaschinen, Näh- und Strickzubehör befindet, möchte Stegmüller am liebsten verkaufen, da es seinen Kunden nicht mehr möglich sei, vor dem Laden zu halten – nicht einmal kurz. Nähmaschinen zur Reparatur anzuliefern sei viel schwieriger geworden: "Sofort gibt es ein Hup-Konzert, wenn ein Kunde kurz hält." Eine Kundin habe einen Stadtrat auf das Problem angesprochen, berichtet Stegmüller: "Der hat gesagt, dass es funktioniere, obwohl er nie bei mir war." Ähnlich habe die Stadt reagiert, nachdem Stegmüller sich beim Verkehrsministerium beschwert hatte, das wiederum das Regierungspräsidium auf den Plan gerufen habe: "Die Stadt hat mir daraufhin empfohlen, meinen Notausgang für Anlieferungen zu benutzen, obwohl niemand von der Verwaltung sich das angeschaut hat." Der Notausgang nämlich liege zur unteren Gebäudeseite – und verdiene seinen Namen.

"Vieles ist eine Fehlkonstruktion"

Vieles, was durch die Innenstadtsanierung verändert worden sei, hält Stegmüller für eine "Fehlkonstruktion": Der Granitbelag sei stellenweise schon beschädigt. In der Oberen Vorstadt gelte ein Tempolimit auf zehn Stundenkilometer – gefahren werde aber deutlich schneller. Und die dortige Wasser-Rinne sei – ebenso wie jene in der Marktstraße – eine gefährliche Stolperfalle. "Man hat so viel Geld investiert – und nur halbe Sachen gemacht", kommentiert der 55-Jährige.

Als neuen Oberbürgermeister wünscht er sich deshalb keinen Politiker und "keinen Verwalter, sondern vielleicht einen Manager, der weiß, wie man Geld verdient". Außerdem ist Stegmüller das Stadtteildenken ein Dorn im Auge: "Jeder Stadtteil denkt, er komme zu kurz – dabei sollten doch eigentlich alle zusammenarbeiten."

Am kommenden Samstag, dem Tag vor der Wahl, will Stegmüller eventuell doch noch in den Straßenwahlkampf eingreifen, wenn er eine Vertretung für sein Geschäft findet. Der Wochenmarkt in Ebingen ist schließlich nicht weit.