Erwin Schneider wird morgen 90 Jahre alt. Foto: Kistner Foto: Schwarzwälder-Bote

Erwin Schneider feiert morgen in der Sigmaringer Straße in Ebingen seinen 90. Geburtstag

Von Martin Kistner

Albstadt-Ebingen. Das Haus in der Sigmaringer Straße, in dem Erwin Schneider wohnt, wurde 1929 erbaut und ist seither im Besitz seiner Familie. Er lebt dort, seit er fünf war, seit 85 Jahren. Erwin Schneider wird morgen 90 Jahre alt.

Väterlicherseits stammt Erwin Schneider aus einer Ebinger Familie; seine Mutter, Tochter eines Heilbronner Gärtners, hatte seinen Vater, einen Mechaniker, während dessen beruflichen Wanderjahren kennengelernt und war ihm nach der Hochzeit in seine Heimatstadt auf der Alb gefolgt. Der junge Erwin war ihr einziger Sohn. Nach der Schulzeit absolvierte er in der Firma seines Onkels, der Besatzartikel für die Textilindustrie vertrieb, eine kaufmännische Lehre, die er 1942 noch abschließen konnte, ehe er zur Wehrmacht eingezogen wurde. "Ich hatte Glück – ich kam nach Italien."

1946 kehrte er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft heim nach Ebingen, wo er zuerst einmal berufsfremde Arbeit verrichtete: Er räumte Trümmer weg, setzte Pflanzen, schaufelte, nur wenige Meter von seinem Elternhaus entfernt, Erde in der Gärtnerei Zizmann und kam schließlich bei Groz-Beckert unter. Zuerst fettete er Nadeln ein; 1948 durfte er dann "ins Büro", wo er sich als gelernter Kaufmann eher zu Hause fühlte. 34 Jahre arbeitete er dort; 1983, mit 59 Jahren, ging er in den Vorruhestand.

1952 hatte Erwin Schneider geheiratet. Seine Frau Anneliese war eine geborene Gerstenecker; alten Ebingern wird sein Schwiegervater Christian Gerstenecker vielleicht noch aus dem Kinderturnen des TSV in Erinnerung sein. Erwin Schneider hatte kein so intimes Verhältnis zum Sport; sein Hobby war die Modelleisenbahn, die in seinem Haus einen großen Teil des Erdgeschosses in Anspruch nahm. Sie musste weichen, als Schneiders Enkel Oliver Mohr einzog. Seine Mutter, Erwin Schneiders Tochter, war bereits mit 24 Jahren an den Folgen einer Operation gestorben. Es war, neben dem Tod von Anneliese Schneider, die 1999 einer schweren Krankheit erlag, der schlimmste Schicksalsschlag, der Erwin Schneider im Lauf von 90 Jahren getroffen hat.

In jüngeren Jahren waren die Schneiders alljährlich für 14 Tage in den Bregenzer Wald gefahren; als Ruheständler pflegten sie sechs Wochen im Jahr in Baden bei Wien zu verbringen und von dort aus das Umland bis in die Wachau und die Steiermark zu erkunden. Die Reisen sind vorbei; der Gewohnheit, einmal in der Woche eine zünftige kleine Wanderung zu unternehmen, ist Erwin Schneider jedoch treu geblieben. Früher hat er das in Gesellschaft gleichgesinnter Freunde getan; heute muss er auf Gesellschaft verzichten. Übrigens beschränkt sich sein Wanderrevier keineswegs auf den Ebinger Osten – Frommern, Dürrwangen, Sigmaringen gehören auch dazu. Erwin Schneider ist auch mit 90 ein sicherer Autofahrer.

Seinen Geburtstag wird er doppelt feiern – morgen zusammen mit vier Freunden, später mit dem Enkel und dessen Frau. Apropos: Das 91. Lebensjahr hält ein wichtiges Ereignis für ihn bereit, die Geburt des ersten Urenkels. "Ich werde Uri – so nennen sie das wohl in der Schweiz", sagt Erwin Schneider. Und freut sich.