Wenn Eltern sich scheiden lassen, stehen Kinder dazwischen – und kommen dadurch oft in Nöte. Foto: ©ulianna19970/Fotolia.com

Wenn sich die Eltern trennen, leidet vor allem der Nachwuchs darunter. Tiefer Einschnitt für alle Betroffene.

Albstadt-Ebingen - Rund 40 Prozent der Ehen in Deutschland werden geschieden. Wie Eltern mit ihren Kindern bei einer Trennung umgehen sollen, hat Angela Naßwetter von der Psychologischen Beratungsstelle Ebingen bei ihrem Vortrag im Jugendhaus Hölzle aufgezeigt.

"Trennung und Scheidung bedeuten einen tiefen Einschnitt für alle Betroffenen und stehen gleich nach dem Tod von engen Familienangehörigen an zweiter Stelle der kritischen Lebensereignisse", schickte Angela Naßwetter bei ihrem Vortrag vorweg. Dies gelte für das trennungswillige Paar ebenso wie für die betroffenen Kinder.

Aus der aktuellen Forschung wisse man, dass Scheidungskinder – bis fünf Jahre nach der Trennung – viermal häufiger in psychologischer Beratung, therapeutischer oder psychiatrischer Behandlung sind als Kinder aus äußerlich intakten Familien.

Symptome seinen beispielsweise aggressives Verhalten, Rückzug, Lernschwierigkeiten, Leistungsabfall, depressive Verstimmungen, Einnässen und Ängste. Doch das Ausmaß, die Schwere und Dauer seien sehr unterschiedlich und hingen vom Alter der Kinder, vom sozialen Umfeld und vor allem vom Verhalten der Eltern ab.

Wichtig sind möglichst wenig Veränderung

"Das Paar ist auf der Paarebene gescheitert, und zurück bleiben oft noch für lange Zeit Verletzungen, Kränkungen, Wut, Enttäuschung oder Trauer gegenüber dem früheren Partner", sagte Naßwetter. Das ehemalige Paar bleibe jedoch auf Lebenszeit ein Elternpaar. "Daher sollte es im Sinne des Kindeswohls gut miteinander kooperieren und sich respektieren." Wenn die Eltern es schaffen, verantwortlich zu handeln, verarbeiten die Kinder die Trennung deutlich besser, erklärte die Expertin. Während für ein Elternteil die Trennung eine Lösung sei, sei sie für die Kinder das Problem, meinte Naßwetter. Denn Kinder wünschen sich möglichst viel Kontinuität zu ihrem bisherigen Lebensalltag.

Warum sich Eltern trennen und warum es so schwer sei, sich zu versöhnen, das bleibe für Kinder letztlich nicht nachvollziehbar. Die Qualität und Quantität des Kontaktes zu den Eltern nach der Trennung seinen die zentralen Schutzfaktoren für das Wohlbefinden der Kinder. In der Praxis zeige sich jedoch nicht selten, dass Eltern immer wieder so sehr in Kränkungen und Gefühlen dem Ex-Partner gegenüber gefangen seien, dass es ihnen fast unmöglich scheint, weiterhin gemeinsam die Verantwortung als Elternpaar zu tragen. Gelinge ihnen dies schlecht oder gar nicht, zahlten die Kinder den Preis. Gelinge ihnen das gut, werden die Kinder die Trennung viel besser verkraften.

Wichtig seinen zudem möglichst wenig Veränderung – bei der Einrichtung des Kinderzimmers angefangen, über Wochenendrituale und Tagesabläufe bis zum Besuch von Kindergarten, Schule und Vereinen. "Getrennt lebende Eltern konkurrieren oft um die Gunst der Kinder", meinte Naßwetter. Materielle Geschenke würden immer größer und Unternehmungen immer ausgefallener.

"Was ein Kind auf Dauer aber braucht, ist Normalität, es soll nicht bespielt und nicht verwöhnt werden." Es solle in beider Zuhause vollgültiges Familienmitglied sein und nicht Gast bei dem Elternteil, wo es weniger oft sei. Auch dort solle es seine festen Aufgaben und seine Grenzen gesetzt bekommen, erläuterte Naßwetter. Außerdem sollen Eltern nicht zögern, professionelle Hilfe zu suchen.

Veranstaltet wurde der Abend vom Albstädter Forum Erziehung wagen und der Psychologische Beratungsstelle der evangelische und katholischen Kirche Albstadt.