Portikusvilla mit Risalit: Die Lautlinger Römervilla wird der "Villa rustica" in Hechingen-Stein ziemlich ähnlich gewesen sein. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Haupthaus des römischen Gutshofs grenzt an Campingplatz / Dimensionen mit Stein vergleichbar / Kein Baustopp

Von Martin Kistner

Albstadt-Lautlingen. Die Tübinger Denkmalpfleger, die in der vergangenen Woche nordöstlich des badkaps das Gelände sondierten, haben einen Volltreffer erzielt: Sie sind auf das Hauptgebäude eines römischen Gutshofs gestoßen – unmittelbar neben dem geplanten Campingplatz.

Es ist, als hätte man beim "Schiffeversenken" mit dem ersten Schuss das gegnerische Schlachtschiff erwischt – just auf der Fläche nordöstlich des oberen badkap-Parkplates, die östlich ans eigentliche Planungsgebiet des Campingplatzes angrenzt, stießen die Fachleute von der Mössinger Firma "Terrana Geophysik", die das Terrain in der vergangenen Woche im Auftrag des Referats für archäologische Denkmalpflege mit elektromagnetischen Strahlen scannten, auf über 1800 Jahre alte Grundmauern. Nein, kein Hühnerstall, keine Backstube, keine Remise – es war das Haupthaus selbst, eine großzügig angelegte Portikusvilla mit rund 55 Meter breiter repräsentativer Front nach Süden, flankiert von zwei Risaliten. Wer sich eine Vorstellung davon machen möchte, wie das Ganze ausgesehen haben könnte, braucht nicht weit zu fahren: Die Lautlinger "Villa rustica" dürfte der Hechinger nicht unähnlich gewesen sein.

Dass an dieser Stelle römische Mauerreste im Boden ruhen, weiß man seit langem – nicht von ungefähr trägt das Gewann den Namen Steinhaus. Östlich vom oberen badkap-Parkplatz hat man die Überreste eines kleinen Weihebezirks gefunden, sozusagen die Hauskapelle der "Villa rustica", von der klar war, dass sie geben musste – man konnte nur nicht exakt sagen, wo. Jetzt weiß man es – das geophysikalische "Sonogramm" hat die Vermutungen bestätigt, dass ihr Haupthaus nordöstlich des Parkplatzes auf jenem Geländestück lag, auf dem die Campingplatzplaner einen Spiel- und Grillplatz anlegen wollten.

Diese Planung dürfte hinfällig sein – von Bodenaufschüttungen, die als "Knautschzone" für die sensible und nicht allzu tiefe Bodenkrume über den Ruinen dienen könnten, war nicht mehr die Rede in dem Gespräch, das der Schwarzwälder Bote gestern mit Frieder Klein, dem Gebietsreferenten für archäologischen Denkmalpflege im Regierungspräsidium, führte. Jetzt geht es um einen weitergehenden Schutz: Klein schwebt als Lösung die Ausweisung einer Ausgleichsfläche östlich des Campingplatzes vor, die Natur- und "Kulturschutz" unter einen Hut bringen könnte.

Dem Projekt Campingplatz bleibt das Veto erspart

Auf das Planungsgebiet des Campingplatzes selbst erstreckt sich sein Veto nicht, obwohl natürlich nicht auszuschließen ist, dass sich auch dort Überreste von einzelnen Nebengebäuden lokalisieren ließen. Ein Baustopp – der erste Spatenstich steht unmittelbar bevor – ist also nicht vorgesehen; Tourismus und Archäologie sollen, so weit möglich, gutnachbarschaftliche Beziehungen pflegen. Das ist zumindest der Plan.

Vielleicht funktioniert er – letztlich könnte ja auch der Tourismus von den Funden nebenan profitieren. Frieder Klein will als nächstes die Dimensionen des Haupthauses, von dem man derzeit nur den Südteil kennt, erkunden, und zwar "minimalinvasiv", also ohne Grabungen – die könnten zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Klein geht davon aus, dass zur strategisch günstig auf der Wasserscheide gelegenen "Villa rustica" auch eine Herberge für Fernreisende gehörte – und natürlich ein Bad, das wohl nordöstlich vom Haupthaus lag.

Bad, Hotel? – kommt einem das nicht bekannt vor? Der Grundsatz "Alles schon mal dagewesen" gilt offenkundig auch in Lautlingen.