Hier wird am nächsten Mittwoch der Prozess gegen den "Reichsbürger" fortgesetzt. Foto: Kistner

Prozess wird in Abwesenheit des Angeklagten fortgeführt. Zahlreiche Ordnungshüter im Zeugenstand.

Albstadt-Ebingen - Das Amtsgericht Albstadt hat am Mittwoch den Prozess gegen den 53-jährigen "Reichsbürger" fortgesetzt, der sich vor einem Jahr im Rathaus Albstadt und in der vergangenen Woche im Gerichtssaal der Staatsgewalt widersetzt hatte.

Wobei der Angeklagte diese Staatsgewalt nicht als solche anerkennt – die "Reichsbürger" glauben an den Fortbestand des Deutschen Reichs und betrachten die Bundesrepublik Deutschland als eine völkerrechtlich nicht legitimierte Veranstaltung und ihre Polizei und Armee als private Sicherheitsfirmen ohne Anspruch auf das staatliche Gewaltmonopol.

Mit dieser Begründung hatte sich der Angeklagte am 20. Juli auch der Aufforderung des Richters verweigert, auf der Anklagebank Platz zu nehmen – nach einem Gerangel mit Polizei- und Justizbeamten war er auf der Trage und mit Infusionsnadel im Arm aus dem Gerichtssaal getragen worden. Am Mittwoch erschienen weder er noch sein mitangeklagter Sohn zur Verhandlung; die einschlägigen ärztlichen Atteste hatte der Angeklagte am Vortag persönlich dem Wachtmeister an der Pforte des Amtsgerichts übergeben. Für das Gericht ein Indiz neben anderen, dass beide Angeklagte durchaus in der Lage wären, einer Gerichtsverhandlung beizuwohnen und zu folgen.

Und so wurde verhandelt. Dem älteren Angeklagten wird zur Last gelegt, in mehreren Fällen Polizei- und sonstige Beamte beleidigt zu haben und dabei teilweise auch handgreiflich geworden zu sein. In der Verhandlung am Mittwoch wurde ein Uniformierter nach dem anderen in den Zeugenstand gerufen – eine ganze Frühdienstmannschaft des Reviers Albstadt berichtete darüber, wie der Angeklagte im Oktober 2015 in Begleitung seines Sohnes und eines befreundeten Ehepaars in Truchtelfingen erschienen war und – ähnlich wie sechs Wochen zuvor im Rathaus Albstadt – eine behördliche Unterschrift unter ein selbstverfasstes Dokument eingefordert hatte. Als diese verweigert wurde, wollte er Anzeige wegen Amtsanmaßung erstatten. Als auch diese Forderung auf taube Ohren stieß, wurde er ausfällig gegen die versammelten Ordnungshüter: "Ihr seid alle Nazis". Die Konsequenz: eine Handvoll Beleidigungsklagen.

Die erstatteten auch der Gerichtsmitarbeiter, den der Angeklagte bei anderer Gelegenheit ebenfalls "Nazi" nannte, und der Balinger Polizeihauptkommissar, den er am Telefon als Kriminellen titulierte – erst im Singular, dann noch summarisch: "Alle Polizisten sind Verbrecher." Der Beamte ist sich sicher, dass er mit dem Angeklagten gesprochen hat. "Diese Stimme und diesen Zungenschlag kenne ich" – der Angeklagte stammt aus Thüringen.

Die Hauptanklage bezieht sich indes auf den Auftritt von Vater und Sohn im Rathaus Albstadt am 26. August 2015. Auch dort hatte der Angeklagte eine Unterschrift – die des OB – unter ein von ihm aufgesetztes Vertragsdokument verlangt und die Rathausmitarbeiter verbal attackiert, als sie ihn mit einem Empfangsstempel "abzuspeisen" wagten. Er erhielt Hausverbot, missachtete es und wurde schließlich gegen zwei vom nahegelegenen Polizeiposten herbeigeeilte Beamte handgreiflich, als diese versuchten, seinen Sohn am – widerrechtlichen – Filmen des Dramas zu hindern.

Bei der Keilerei trugen die Beteiligten Blutergüsse und Prellungen davon; erst das Eintreffen zweier weiterer Polizisten setzte ihr ein Ende. Die filmische Dokumentation, die nun als Beweismittel dient, stellte der Sohn persönlich ins Internet. Der Prozess wird am Mittwoch, 3. August, um 9 Uhr fortgesetzt.