Luftaufnahmen wie diese – Motiv ist das Oberbecken des Glemser Pumpspeicherkraftwerks – wird man auch künftig nicht in Albstadt machen können. Hochtief hat sich verabschiedet. Foto: Archiv

Zu viele Handicaps für Hochtief: Baukonzern beerdigt Projekt am Albtrauf. Alternativen in drei anderen Bundesländern.

Albstadt/Hechingen - Schon vorbei: Das Thema Pumpspeicherkraftwerk ist vom Tisch, noch ehe Diskussionen in Albstadt und Hechingen wirklich hohe Wellen schlagen konnten. Hochtief, der Bauherr in spe, hält den Standort Zollernalb nicht für geeignet.

In den gleichlautenden Schreiben, die am Mittwoch in den Rathäusern in Ebingen und in Hechingen eingingen, nennt der Essener Baukonzern "technische und umweltseitige Herausforderungen, [die] den Standort als nicht realisierbar erscheinen lassen" als grund für seinen Schritt. Wie Peter René Jamin von Hochtief gestern auf Anfrage des Schwarzwälder Boten erläuterte, sind damit in erster Linie die Erdbebengefahr und die Beschaffenheit des Untergrunds gemeint. Als Hochtief erste Standortüberlegungen zum Albtrauf in Albstadt, Meßstetten und Burladingen anstellte, habe man topografische Karten zur Verfügung gehabt; dass man es mit porösen Juragestein, einem durchaus heiklen Untergrund für ein mächtiges Betonbauwerk, und mit der Region, die in Deutschland das höchste Erdbebenrisiko aufweist, zu tun hatte, das sei erst im Lauf der Erkundungen Thema geworden.

Alternativen in drei anderen Bundesländern

Nicht, dass die damit verbundenen Probleme technisch nicht lösbar gewesen wären – aber ihre Bewältigung hätte einen beträchtlichen konstruktiven und also auch finanziellen Aufwand erfordert, den man sich andernorts sparen kann: Der Standort Onstmettingen/Boll – Hossingen/Laufen war schon früher aus dem Rennen gewesen – war nur einer von vieren, die von Hochtief geprüft wurden; die anderen drei, die Hainleite im Norden Thüringens, das Lipperland in Nordrhein-Westfalen und das Leinetal südlich des niedersächsischen Hildesheim, sind sowohl in geophysikalischer als auch in geologischer Hinsicht unbedenklicher als die Alb.

Als weitere Hindernisse nennt Jamin die Grundeigentumssituation und den Naturschutz. Auch die, räumt er ein, seien zwar grundsätzlich überwindbar und zudem kein Alleinstellungsmerkmal der Zollernalb. Aber wenn man die vorläufige Kosten-Nutzen-Rechnung aufstelle, dann schneide sie halt schlechter ab als die drei anderen Standortalternativen, und deshalb verzichte man "schweren Herzens" auf weitere Untersuchungen. Die Frage, ob Furcht vor dem seit S21 sattsam bekannten "schwäbischen Wutbürger" dabei eine Rolle gespielt habe, verneint Jamin. Im Gegenteil, man habe die Diskussionen vor Ort als angenehm sachlich erlebt. "Wir fühlen uns nicht getrieben. Es war unsere Entscheidung, nicht weiter zu machen."

Die Albstädter und Hechinger werden es verkraften; die Stadtverwaltungen haben den Abgang von Hochtief am Mittwoch weder erleichtert noch mit tiefem Bedauern quittiert. Einerseits entgehen ihnen beträchtliche Gewerbesteuereinnahmen – andererseits bleiben ihnen der Grabenkrieg mit Kraftwerksgegnern und die Beeinträchtigungen erspart, die eine Großbaustelle am Albtrauf mit sich gebracht hätte. Zumal die Albstädter hätten sie in unmittelbarer Nachbarschaft ihres vielgerühmten Premiumwanderwegs "Zollerburg-Panorama" schlecht brauchen können, und ob das fertige Oberbecken eher Schönheitsfleck oder Warze im Antlitz der Alblandschaft geworden wäre, ist doch sehr die Frage. Gefüllt hätte es vielleicht noch ganz annehmbar ausgesehen – aber entleert ganz sicher nicht mehr.