Die Onstmettinger Firma Johannes Boss. Foto: Archiv

Onstmettinger Firma Johannes Boss hält an Kündigung ihres Betriebsratsvorsitzenden fest.

Albstadt-Onstmettingen - Fast ein Jahr ist es her, dass die Firma Johannes Boss in Onstmettingen die erste außerordentliche Kündigung gegen ihren Betriebsratsvorsitzendem aussprach – die zweite folgte im April. Im Rechtsstreit, der folgte, hat die Firma bisher den Kürzeren gezogen.

Schon seit längerem hatte das Unternehmen mit dem Vorsitzenden des Betriebsrats über Kreuz gelegen; laut Walter Wadehn, dem Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Albstadt, warf es ihm vor, dass er seine Arbeitszeit über Gebühr für die Belange des Betriebsrats und der Arbeitnehmervertretung verwende und darüber seine Aufgaben im Unternehmen vernachlässige. Im Dezember 2012 erhielt der Mitarbeiter die Aufforderung, bis zum 14. Dezember Tag für Tag nachzuweisen, wieviele Stunden er für die Betriebsratsarbeit und wieviele für seine Aufgaben in der Firma aufgewendet habe: Man wolle im Zuge einer "Plausibilitätskontrolle" prüfen, ob er nicht mehr Zeit in die Betriebsratsarbeit investiert habe als tatsächlich erforderlich. Der Mann kam der Forderung nicht nach, ließ auch eine weitere Frist bis zum 4. Januar verstreichen und erhielt darauf die Kündigung. Zugleich wurde der Betriebsrat aufgefordert, die erforderliche Zustimmung zu dieser Kündigung zu geben.

Das tat er nicht, worauf die Firma das Arbeitsgericht Reutlingen um die "Ersetzung" der Zustimmung ersuchte – so sieht es das Arbeitsrecht vor. Sie erklärte zum Antrag, der Mitarbeiter habe sich mehr als nötig, gelegentlich sogar in vollem Umfang von seiner betrieblichen Arbeits dispensiert; sein Verhalten grenze an Arbeitsverweigerung. Das Arbeitsgericht wies diesen Antrag im Juli mit der Begründung ab, die vorgeworfene Arbeitsverweigerung oder gar Arbeitszeitbetrug ließen sich nicht nachweisen. Selbst wenn der Mitarbeiter seinen Anspruch auf periodische Freistellung zeitweise nachweislich überzogen hätte, könne das nicht mit der Kündigung, sondern allenfalls mit einer Abmahnung geahndet werden. Zugleich wurde die Firma verpflichtet, Lohn nachzuzahlen – diesen hatte sie im Januar 2013 auf den pfändungsfreien Betrag reduziert.

Stuttgart lässt Beschwerde nicht zu

Das war im Juni. Eine Beschwerde gegen den Reutlinger Beschluss ist im Oktober gescheitert – das Landesarbeitsgericht in Stuttgart hat sie gar nicht erst zugelassen; es vermisste eine "ordnungsgemäße Beschwerdebegründung".

Damit ist der Fall aber nicht abgeschlossen, denn die Firma Boss hat ihrem Betriebsvorsitzenden im April ein zweites Mal gekündigt, laut Angaben des Arbeitsgerichts Reutlingen mit der Begründung, der Mitarbeiter habe behauptet, zum geforderten Arbeitszeitnachweis nicht verpflichtet zu sein. Boss hält an dieser Kündigung fest – gegenüber dem Schwarzwälder Boten berief sich die Firma gestern auf ein Gutachten des Münchner Arbeitsrechtlers Volker Rieble, wonach sie sich strafbar gemacht hätte, wenn sie auf rechtswidriges Verhalten des Mitarbeiters nicht reagiert hätte. Die Inhaberfamilie sei an einer guten Zusammenarbeit mit Belegschaft und Betriebsrat interessiert; in 50 Jahren habe die Firma nur vereinzelt Abmahnungen, sechs betriebsbedingte Kündigungen und nie eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen. Ein Gütetermin am 12. Dezember ist wegen Krankheit geplatzt; der nächste für April angesetzt.