"Schwere Jungs" stehen seit gestern vor dem Landgericht. Foto: Schwarzwälder-Bote

Verhandlung wegen gemeinschaftlicher Erpressung wird zum Puzzlespiel für Staatsanwaltschaft.

Albstadt/Hechingen - Wegen gemeinschaftlicher Erpressung stehen seit gestern vier junge Männer aus dem Raum Albstadt und Sigmaringen vor dem Landgericht Hechingen. Schon allein die Liste der geplanten Fortsetzungstermine und der 24 geladenen Zeugen lassen darauf schließen: das wird kein einfacher Prozess. Dies machte der Vorsitzende Richter auch zu Beginn der Verhandlung deutlich: Die Aktenlage sei dünn, viele Aussagen müssten im Verlauf des Prozesses wie ein Puzzle zusammengesetzt werden.

Die lange Anklageschrift der Staatsanwaltschaft reichte vom Vorwurf der dauerhaften gemeinschaftlichen Erpressung erheblicher Geldbeträge bis hin zur Androhung und Umsetzung von körperlicher Gewalt, wobei es einem Angeklagten auch egal gewesen sei, "ob er einen abstechen muss". Ein Szenario, das sich im Umfeld bekannter Motorradgangs abgespielt hat. Ein Szenario auch, welches, so der vorsitzende Richter, die Angeklagten in zwei Gruppen spalte: Die einen könnten bei kooperativer Mithilfe zur Aufklärung der Taten eventuell noch glimpflich davonkommen. Bei den anderen sei es wohl egal, ob noch einige Monate Haft oder ein Erziehungsheim dazukommen. Augenfällig wurde diese imaginäre Trennlinie auch im Saal: Zwei der Angeklagten wurden von fünf Justizbeamten bewacht.

Angeklagter bestreitet Vorwürfe

Die Hauptverhandlung wurde im vollen Umfang auf der Grundlage der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft eröffnet, wobei es wegen einer Umbesetzung des Gerichtes gleich zum Gerangel mit einem der Verteidiger kam. Ein gewohnter Vorgang, der nichts als eine kurze Unterbrechung brachte, allerdings auch die Erkenntnis des Gerichtes, dass wohl weitere Termine und Zeugenvorladungen nötig werden.

Die Verteidiger gaben vorab keine Stellungnahmen ab. Ein Angeklagter ließ seinen Verteidiger zum Schluss der Verhandlung eine Stellungnahme verlesen, in der er alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft heftigst bestritt und die Dinge aus seiner Sicht darstellte. Da war von Erpressung dann nicht die Rede, sondern nur von der Rückzahlung von Schulden, die er mit Beteiligung eines Mitangeklagten vergeblich einzufordern versucht hatte. Ein wenig körperliche Gewalt mag ja gewesen sein, das Geld habe er nicht gesehen. Ein anderer Mitangeklagter, der aussagen wollte, gab tiefe Einblicke in die Welt der "Black Warriors", einer Motoradgang, bei der er bis zum "Sergant of Arms" aufgestiegen war. An die ihm zur Last gelegten Taten konnte er sich nur nebulös, da alkoholisiert, erinnern. Zugeschlagen habe er, Frust geschoben und sich damals als Chef gefühlt. Warum er überhaupt dem Club beigetreten sei? Diese Frage beantwortete er unsicher: Gemeinschaft, Kumpel, man war wer.

Letzteres bekamen dann zwei Jugendliche zu spüren, nach seiner Ansicht Mitglieder einer "Pipifaxgang", die "mal spüren sollten, wer Herr im Hause ist". Heute tue ihm das alles leid und er könne sich nicht erklären, warum er Mitglied der "Black Warriers" geworden sei. Zwischenzeitlich Vater einer Tochter, die alle Polizeiaktionen gegen ihn mitbekommen hat, bemühe er sich um ein normales Familienleben.

Der nächste Verhandlungstag ist auf den 8. Oktober terminiert: Ob dann alle, teilweise schwierig ausfindig zu machenden Zeugen auftauchen, daran hatte auch der Vorsitzende Richter seine Zweifel.