Alize Framing hat sich bereits 1982 beruflich, aber noch lange nicht als ehrenamtlich engagierte Tailfingerin zur Ruhe gesetzt. Foto: Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

Alize Framing feiert heute ihren 95. Geburtstag / Zu Fuß von der Lausitz nach Tailfingen / Akribische Archivarin

Albstadt-Tailfingen (mak/müb). Erst vor kurzem hat sie ihre Dokumentation des katholischen Gemeindelebens in Tailfingen seit 1968 – mit lückenlosen Kirchengemeindeblättern und Zeitungsberichten aus den Jahren 1973 bis 2006, akribisch sortiert in 23 Leitz-Ordnern, abgeschlossen. – heute wird sie 95 Jahre alt: Alize Framing, die frühere Rektorin der Langenwandschule.

Noch keine drei Monate hatte Alize Staffa, wie sie damals hieß, in Tailfingen gelebt, als sie ihre ersten 50 Erstklässler unterrichtete, kaum dass die Franzosen im Oktober 1945 den Grundschulunterricht wieder erlaubt hatten.

Als Alize Pfohl war die Jubilarin am 26. Mai 1920 in Reichenbach in Schlesien zur Welt gekommen, im Alter von zehn Jahren mit ihren Eltern in die Tschechoslowakei gezogen und dort – genauer: in Wetzwalde – zur Schule gegangen. Auf die Ausbildung an der Lehrerbildungsanstalt in Reichenberg folgte bald ihre erste Hochzeit – und das erste Kind: Mit 20 wurde Alize Staffa Mutter, trat mit 21 Jahren eine Stelle als Schulmeisterin in ihrem Heimatort an und verlor ihren Mann Alfred nur ein Jahr darauf: Er starb bei der Schlacht um Stalingrad.

Nach Kriegsende musste die junge Mutter in die Lausitz fliehen und machte sich von dort auf den Weg nach Tailfingen, hoffte sie doch, dort ihre Eltern wiederzutreffen: Ihre Stiefmutter, die zweite Frau ihres Vaters, hatte Jahre zuvor im Urlaub ein Ehepaar aus dem Talgang kennengelernt. Der Weg mit ihrer Tochter und ihrer jüngeren Schwester – zu Fuß – war beschwerlich, doch im Juli 1945 kamen sie in Tailfingen an, wo nur wenig später auch ihre Eltern landeten. Dort war Alize Staffa als Lehrerin sehr gefragt und bekam nur kurz nach der ersten Klasse mit 50 Schülern eine zweite dazu.

Nicht alle der Schulen, an denen die junge Lehrerin unterrichtete, gibt es heute noch: die Bismarck-Schule, damals Tailfingens einzige Lehranstalt, ist Geschichte, ebenso wie die Fröbel- und die Christofschule. Die Luther- und die Langenwandschule hingegen bestehen heute noch – an der Letzteren wurde Alize Framing, wie sie seit ihrer zweiten Eheschließung im Jahre 1952 hieß, 1970 Konrektorin und 1976 Rektorin – bis zu ihrem Ruhestand 1982.

Der umtriebigen Wahl-Tailfingerin, inzwischen Mutter einer zweiten Tochter, genügte das freilich nicht: Von 1971 bis 1976 sowie von 1981 bis 1996 engagierte sie sich im katholischen Kirchengemeinderat, zunächst als erste Frau im Gremium, und hat das Gemeindeleben in St. Elisabeth und St. Franziskus in Tailfingen sowie in St. Antonius in Truchtelfingen akribisch dokumentiert: Darin finden sich die immer wiederkehrenden Stationen des Kirchenjahres, Jubiläumsfeste, Konzerte, Kirchenbasare und Personalien, aber auch manche Randnotiz der früheren Schulmeisterin.

Als Klassensprecherin ihres Jahrgangs an der Reichenberger Lehrerbildungsanstalt organisiert sie den Kontakt zwischen den Klassenkameraden und ist auch mit 95 Jahren noch vital und engagiert. Ihren heutigen Geburtstag feiert sie mit ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln – und sicher auch mit manchem Wegbegleiter aus bewegten Jahren als Schulpionierin und Kirchengemeinderätin.