Internationaler Verein für Menschenrechte tagt in Tailfingen / Friedrich Kircher berichtet von erneuten Todesdrohungen

Von Peter Thaddäus Lang

Albstadt-Tailfingen. Jahrzehntelang war es in Kolumbien üblich, dass alle mit der Staatsmacht nicht ganz konformen Menschen damit rechnen mussten, dass sie klammheimlich beiseite geschafft wurden. Wenn es der Zufall wollte, wurden ihre Leichen irgendwann später gefunden. Angesichts dieses massenhaften Verschwindens gründeten vor sechzehn Jahren einige Tailfinger zusammen mit Mitgliedern von Menschenrechtsorganisationen den "Internationalen Verein für Menschenrechte Nydia Erika Bautista".

Die im Vereinsnamen genannte Frau gehörte ebenfalls zu den nach Tausenden zählenden Verschwundenen. Deren Schwester Yanette wie auch deren Mann, Friedrich Kircher, gehören zu den Triebkräften des Vereins. Friedrich Kircher, der aus Tailfingen stammt, fungiert als Geschäftsführer des Vereins. Seine Berichte über die Lage in Kolumbien sind stets Höhepunkte der Jahresversammlungen.

Wie Friedrich Kircher nun bei der Hauptversammlung berichtete, scheint die Zeit des massenhaften Verschwindens vorbei zu sein, seit der 2013 gewählte Präsident Santos im Februar 2015 ein Dekret "zur Würdigung und Identifizierung von Verschwundenen" unterzeichnet hat; anonyme Todesdrohungen sind aber immer noch an der Tagesordnung. So wurde Yanette im vergangenen Jahr wiederholt mit dem Tode bedroht. Andererseits ist man dabei, die Mörder von einst dingfest zu machen und vor Gericht zu stellen – ein zähes Unterfangen, das sich oftmals im Dschungel der Bürokratie verheddert.

Alte Seilschaften sind eben immer noch aktiv, so will man meinen. Außerdem suchen die Angehörigen der Verschwundenen mit großer Energie nach den sterblichen Überresten ihrer Brüder, Väter, Söhne und Bekannten, was mit einem Übermaß an Bürokratie verbunden ist.

Zusammen mit dem schwedischen Fond für Menschenrechte und Frieden beschäftigt der Verein eine kolumbianische Juristin, die den Angehörigen der Verschwundenen bei der Bewältigung der bürokratischen Hürden hilft. Andrea Torres, so heißt sie, erhielt mittlerweile ebenfalls anonyme Drohanrufe. "Wir wissen", sagt Friedrich Kircher: "Internationale Solidarität bringt zusätzlichen Schutz; wobei Öffentlichkeit fast wichtiger ist als Leibwächter oder ein gepanzertes Fahrzeug."

Diesen Umstand machen sich die Verwandten der Verschwundenen zunutze – mittlerweile haben sie gelernt, durch öffentliche Auftritte auf sich aufmerksam zu machen. Der Albstädter Verein hofft nun, dass auch seine Öffentlichkeitsarbeit dazu beiträgt, das Leben von Andrea Torres zu schützen.