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Es geht voran in der Neuen Mitte Tailfingen, das ist unübersehbar.

Es geht voran in der Neuen Mitte Tailfingen, das ist unübersehbar. Um so interessanter ist es, auch mal hinzuhören, und nicht nur die Baustellen zu bestaunen. Etwa, wenn Gerhard Penck, der Leiter des Stadtplanungsamtes, von früher erzählt.

In seiner Studienarbeit hatte sich der gelernte Architekt und Regierungsbaumeister, der aus Tailfingen stammt, mit der Sondersanierung seines Heimat-Stadtteils nach dem großen Erdbeben 1978 beschäftigt. Nur eines habe er damals anders vorausgesehen, bekennt er schmunzelnd: die Entwicklung des Marktes. Penck deutet auf das Rondell, die runde Überdachung zwischen dem Café am Markt und der Sparkasse. Das sei seinerzeit als Dach für die Wochenmarktstände vorgesehen gewesen. Unverhofft kommt oft: Längst ist der 1986 installierte große Wochenmarkt, den damals Friedrich Pommerencke als Vorsitzender des Gewerbe-, Handels- und Verkehrsvereins Tailfingen initiiert hatte, der wohl beliebteste und in jedem Fall der größte in der Region Albstadt, vielleicht sogar im ganzen Zollernalbkreis. Was Penck unterschätzt hatte, war die "gute Werbung" dafür, wie er sagt. Und die Attraktivität des Termins: Der freie Freitagnachmittag sei damals in vielen Berufsbranchen eingeführt worden, berichtet er. So hätten die Menschen Zeit gehabt, gemütlich über den Markt zu bummeln.

Ebenfalls interessant: Der Einzelhandel sollte damals von der Hechinger Straße in die Straße Am Markt gezogen werden, erzählt Penck. Darum habe die Sparkasse ihren Sitz von der Durchfahrtsstraße weiter oben in die ruhigere Lage verlegt, um ein Zeichen zu setzen. Mit "Plus", den es inzwischen nicht mehr gibt, war unweit davon ein Innenstadt-Supermarkt eingezogen.

Demnächst soll wieder ein Supermarkt in der Neuen Mitte heimisch werden, ein paar Hausnummern größer als "Plus": Der Branchen-Riese Edeka befreit Tailfingen vom marode gewordenen Gebäude-Monstrum "AC-Kaufpark" und soll sich zum Besuchermagneten entwickeln, von dem auch die vielen inhabergeführten Einzelhandelsgeschäfte mit den nun frisch sanierten und etwas breiteren Parkplätzen – ebenerdig vor der Tür – profitieren sollen.

Hochinteressant ist, was Penck zu diesem Thema als Hintergrundwissen liefert: Die beiden neuen Wohnblocks in der Straße Am Markt, die fast fertig und bereits komplett verkauft sind, hätten bei der Entscheidung der Edeka-Verantwortlichen, nach Tailfingen und damit überhaupt nach Albstadt zu kommen, eine nicht unwesentliche Rolle gespielt, berichtet der Leiter des Stadtplanungsamtes. Nicht nur, weil dort potenzielle Supermarkt-Kunden wohnen werden, sondern auch, weil die Edeka-Entscheider dadurch erkannt hätten, dass Tailfingen sich städtisch entwickeln wolle und solle. Hätten sie nur die Wandmalerei auf dem Industrielehrpfad in der Kronenstraße mit dem dörflichen Motiv und den fröhlich grunzenden Schweinen gesehen: Wer weiß, wie sie entschieden hätten?

Am neuen Wohnblock mit 18 barrierefreien Eigentumswohnungen scheiden sich die Geschmäcker seit dem Spatenstich im Juli 2015. Vielleicht schauen manche – die Informationen von Gerhard Penck im Hinterkopf – allerdings nun anders darauf. Tailfingen ist Stadt. Dazu gehören auch hohe Häuser. Zumal wenn sie Bewohner und Leben bringen.