Sie ist 15 Meter lang, 2,94 Meter breit und ihre Fahrbahn nur neun Zentimeter dick: Seit Donnerstag hat auch der Stadtteil Ebingen eine Textilbetonbrücke. Foto: Karina Eyrich

Überführung in Ebingen im Handumdrehen eingebraut. Einzigartig: Brücke ist ohne Stahl. Keinerlei Wartungsaufwand mehr.

Albstadt-Ebingen - Schon wieder ein Fußgängerbrückensuperlativ in Albstadt: Nach der weltweit ersten Textilbetonbrücke in Lautlingen ist in Ebingen die weltweit erste alleine mit Carbon-Bewehrung eingebaut worden: im Handumdrehen und passgenau.

"Des passet ois!" schallt es über die Schmiecha. Der Akzent der Arbeiter in orangefarbenen Sicherheitswesten verrät: Bayern sind am Werk. Genauer: die Mitarbeiter der Firma Max Bögl aus Neumarkt in der Oberpfalz. Sie lassen eine 15 Meter lange, 2,94 Meter hohe und 14 Tonnen schwere Brücke aus Textilbeton herbeischweben, in der nicht mal mehr ein Jota an Stahl verbaut ist.

Doch die Oberpfälzer haben sie nur gebaut, und zwar nach den Vorgaben von Johann Pfaff von "Solidian", der als Projektleiter den Ablauf koordiniert und beim Einbau der Bewehrung geholfen hat. Konstrukteur des schlichten Prachtstücks mit einem Boden, der gerade mal neun Zentimeter dick ist, und einer Brüstung von nur noch sieben Zentimetern Stärke ist Christian Kulas, Abteilungsleiter Textilbeton bei der Firma "Solidian", einer Tochter der Groz-Beckert KG. Letztere hatte – vor "Solidian"-Zeiten – schon die weltweit längste Textilbetonbrücke, für Fußgänger in Lautlingen, geplant. Nun setzt die Tochter einen drauf: Die Brücke zwischen der Schmiechastraße und dem Hallenbad hat – im Gegensatz zur aufwendiger designten im Eyachtalstadtteil – keine Carbon-Bewehrung mehr. Somit ist wirklich nichts mehr dran, was rosten könnte. Stahl enthalten nur die Auflagepunkte am Ufer, die der Albstädter Diplom-Ingenieur Peter Czerwenka samt Unterbau geplant hat, während die Statik vom Ingenieurbüro Sieber in Straßberg stammt. Der Lautlinger Firma Müller war es vorbehalten, sie herzustellen.

Da kommt zusammen, was zusammen gehört

Zügig nähert sich die Brücke, gehalten von zwei mächtigen Kränen, und an beiden Enden stellt das Bögl-Team sicher, dass millimetergenau zusammen kommt, was zusammen gehört. Bevor sie sich für die nächsten Jahrzehnte hinlegt, messen die Fachleute nochmals ganz genau nach, und wieder schallt es "Passet ois!".

Kein Wunder: "Mit Bögl pflegen wir eine langjährige Kooperation", berichtet Christian Kulas, handle es sich doch um einen Fertigteil-Lieferanten, der innovativen Projekten gegenüber besonders aufgeschlossen sei, ebenso wie die Stadt Albstadt. Dass sie "bereit ist, mit uns gemeinsam einen innovativen Weg zu gehen – davon profitieren die nächsten Generationen", betont Solidian-Geschäftsführer Roland Karle und blickt dankbar in Richtung Udo Hollauer: "Innovation steht uns gut an als Stadt", sagt der Baubürgermeister, zumal die Kosten für die Textilbetonbrücke – 70.000 Euro – nur minimal über jenen für eine herkömmliche Stahlbetonbrücke lägen, der Wartungsaufwand dafür aber gegen Null gehe.

Nicht zuletzt profitiert die Umwelt: Je schlanker die Brücke – eine herkömmliche für diesen Zweck hätte 30 bis 32 Tonnen gewogen –, desto mehr wird bei der Herstellung an Ressourcen gespart und desto geringer ist die dadurch verursachte Kohlendioxid-Belastung.

Inzwischen liegt die Brücke auf. Nun ist es Peter Czerwenkas Aufgabe, die Verbindung zum Parkplatz zwischen Hallenbad und "C & A" sowie zur Schmiechastraße herzustellen. Weil dort, im Schlossbergcenter, viele Ärzte untergebracht sind, hat die Stadt besonders viel Wert darauf gelegt, dass die Brücke eine rutschhemmende Oberfläche hat, die auch für Rollatoren geeignet ist.

Entwässert wird das Bauwerk durch eine Neigung von 1,8 Prozent bei einer lichten Breite von 2,80 Metern und einer Länge von 15,55 Metern, sobald die Verbindungsstücke hergestellt sind.

Werksleiter Gerhard Dorr von der Firma Bögl, Johann Pfaff, Christian Kulas, Roland Karle und Udo Hollauer sind am Ende der aufwendigen Prozedur, die nur gut eine halbe Stunde gedauert hat, die Ersten, die "über die Brücke geh’n", wie es im Hit von Mary Roos heißt. Sie hat beim Grand Prix Eurovision 1986 damit nur den achten Platz belegt – der neueste Albstädter Textilbeton-Schlager ist weltweit Nummer eins.