Großen Widerstand setzten viele Ebinger der großen Baustelle entgegen – der Tunnel ist dennoch Wirklichkeit geworden. Archiv-Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Heute vor zehn Jahren wurde der Ebinger Innenstadttunnel eingeweiht und eröffnet / Alt-OBs im Oldtimer

Von Martin Kistner

Albstadt. Nein, er war nicht immer da. Im Gegenteil, die Zeit, in der es ihn nicht gab, liegt gar nicht so weit zurück. Zehn Jahre, um genau zu sein: Am 24. Juli 2004 wurde der Ebinger Innenstadttunnel eingeweiht.

Bereits Anfang der 1970-er Jahre – Albstadt gab es damals noch gar nicht – hatte sich abgezeichnet, dass die Ebinger Verkehrsinfrastruktur dem Durchgangsverkehr irgendwann nicht mehr gewachsen sein würde und dass die topografische Zwangsjacke, in der Ebingen steckt, wohlfeile Lösungen für den Nord-Süd-Verkehr praktisch ausschloss. Der Generalsverkehrsplan Ebingen-Tailfingen von 1970 sah eine "zweigleisige" Fahrt vor: Die Ebinger Innenstadt sollte sowohl östlich als auch westlich umkurvt werden. Die Osttangente entstand Anfang der 90er Jahre, anschließend begann die Trassensuche für die Westtangente, und dabei wurde den Planern rasch klar, dass eine oberirdische Lösung nicht in Frage kam, weil sie das Stadtbild ein für allemal verunstaltet hätte.

Also ein Tunnel. In der Trassendiskussion zogen 1996 die langen Varianten den Kürzeren; den Zuschlag erhielt im Juni die kürzeste zwischen Schütte und Stellestraße – 433 Meter, davon 230 unterirdische, waren immer noch teuer genug; der Tunnel sollte am Ende 22 Millionen Euro kosten. Im Frühjahr 1998 lag die Planung vor; im Juni wurde der Bebauungsplan ausgelegt, im November der Satzungsbeschluss gefasst. Nun konnte gebaut werden. Von wegen. Längst nicht alle Ebinger vermochten sich für einen Tunnel zu begeistern; besonders die Bewohner und Hauseigentümer der westlichen Innenstadt befürchteten permanente Lärmbelästigung, Erschütterungen, Gebäudesetzungen und Grundstücksentwertung. Bereits 1993 war ein Versuch, einen Bürgerentscheid über den Tunnelbau herbeizuführen, gescheitert, ein weiteres wurde 1999 vom Gemeinderat abgewiesen.

Doch parallel dazu hatte dieser bereits durch eine Änderung der städtischen Hauptsatzung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass doch ein Bürgerentscheid stattfinden konnte – im Jahr der OB- und der Gemeinderatswahl mochten sich die Stadtväter nicht dem Vorwurf der Bürgerferne aussetzen.

In einem Bürgerentscheid gaben die Albstädter im Juni 1999 ihre Stimme ab – allerdings nicht so viele von ihnen, dass ihr Votum gegen den Tunnel das Projekt zu Fall gebracht hätte: Das Quorum von 30 Prozent wurde, wenngleich äußerst knapp, verfehlt.

Die erste Baustelle diente dem Alibi

Diese Entscheidung blieb nicht ohne juristische Nachwehen, aber die Würfel waren gefallen. Kurz vor Weihnachten – und damit vor Torschluss, denn ein Baubeginn im neuen Jahrtausend hätte die Zuschusslage dramatisch verschlechtert – wurde eine Alibi-Baustelle eingerichtet, und im Juli 2001 begannen dann die ersten Tiefbauarbeiten in der Stellestraße. Im Oktober 2001 erschien "BG 25", der riesige "Mäkler" der Firma Züblin auf der Bildfläche, um an den Tunnelportalen, wo in offener Bauweise gearbeitet wurde, die Löcher für die Bohrpfähle der Tunnelwände zu bohren. Am 18. Januar 2002 begann der "bergmännische" Teil der Arbeiten, am 14. August wurde der Durchstich gefeiert, im Oktober 2003 der Rohbau fertig gestellt. Im Juni 2004 waren die Arbeiten beendet; am 24. Juli zerschnitt die Bauherrschaft, vertreten durch OB Jürgen Gneveckow und Baubürgermeister Rainer Mänder, zusammen mit Verkehrsministerin Tanja Gönner, Regierungspräsident Hubert Wicker und Landrat Willi Fischer das Band vor dem nördlichen Tunnelportal. Die ersten, die es in einem chromblitzenden Oldtimer passierten, waren die Alt-OBs Hans Hoss und Hans Pfarr.

Das war vor zehn Jahren. Das Verkehrsaufkommen auf der neunen Westtangente ist in dieser Zeit sukzessive gestiegen, der Ebinger Stadtring, dessen "Schließe" der Tunnel ist, Wirklichkeit geworden und die vom Durchgangsverkehr entlastete Ebinger Innenstadt neu gestaltet worden. Der Tunnel hat das Gesicht Ebingens verändert, auch wenn man ihn nicht sieht – und es fällt schwer sich vorzustellen, dass es ihn einmal nicht gegeben hat.