Die Ballerina in Aktion – Tanja Probst tanzt eine Passage aus Armin Weiß’ neuer Choreographie "Benedictus". Foto: Kistner

Balletttänzerin Tanja Probst hat am Landestheater in Flensburg gekündigt und geht jetzt ihren eigenen Weg.

Albstadt-Ebingen - Sechs Jahre lang war Tanja Probst, die aus Albstadt stammt, Ballerina am Schleswig-Holsteinischen Landestheater in Flensburg – jetzt hat sie eine Zäsur gesetzt und die Festanstellung aufgekündigt. Sie will aufs Ganze gehen.

Die vergangenen anderthalb Jahre waren nicht einfach für Tanja Probst. 2011 war sie ihrer Ballettdirektorin Katharina Torwesten aus dem oberfränkischen Coburg nach Flensburg gefolgt, als Schwangerschaftsvertretung mit der Perspektive der Festanstellung. Die kam 2012; seither hat Tanja Probst sich in etlichen Ensemblerollen, klassischen und modernen, bewährt – als Zuckerfee im "Nussknacker", als eine der bösen Schwestern in "Cinderella", als verängstigte Mutter in der Fritz-Lang-Adaption "M – eine Stadt sucht einen Mörder" und im Herbst 2014 dann in ihrem Lieblingsballett "Giselle", in dem sie erstmals eine Hauptrolle, die der Titelheldin, tanzte.

So weit, so gut; es hätte so weitergehen können. Ging es aber nicht. Im April 2016 sollte Probst in einer Adaption des Choderlos-de-Laclos-Romans "Gefährliche Liebschaften" die intrigante Marquise de Merteuil verkörpern, worauf sie sich sehr gefreut hatte – sie hat ein Faible für die "bösen" Rollen. Doch daraus wurde nichts: Wenige Tage vor der Premiere zog sich Tanja Probst einen Bänderanriss zu, der im Krankenhaus mit einer gewissen Wurstigkeit behandelt wurde und sie für etliche Wochen außer Gefecht setzte.

Danach war das Vertrauen in die Anatomie ihres Fußes ebenso perdu wie das in sich selbst. Tanja Probst war bis dahin nie vergleichbar schwer verletzt gewesen und hatte keine rechte Vorstellung davon, wie sie und ihr Fußgelenk die alte Fitness wieder zurückerlangen könnten.

Zu den Albstädter Wurzeln zurück

In Situationen wie dieser kehrt Tanja Probst immer wieder gern zu ihren Wurzeln zurück, und das bedeutet: zu ihrem ersten Ballettlehrer, Armin Weiß in Ebingen. Der sah sich die Bescherung an, diagnostizierte die Veränderungen, welche die unwillkürlichen Entlastungsversuche an den Bewegungsabläufen seiner Immer-noch-Schülerin angerichtet hatten, und verordnete dann wie schon früher ein Trainingsprogramm, das nicht unorthodoxer hätte sein können. "Wir machen alles – nur nicht Fuß", dekretierte er und ließ Tanja Probst Handstand üben.

Natürlich kam der Fuß dann doch irgendwann an die Reihe – und beim Spitzentraining die leichte Hantel zum Einsatz. Als Tanja Probst zu Beginn der neuen Spielzeit nach Flensburg zurückkehrte, war sie wieder fit – und brillierte Ende Oktober in der Titelrolle von "Anna Karenina".

Alles wieder gut? Nicht ganz. In Coburg waren die Tänzer mit großer Selbstverständlichkeit auch in Musical- und Operettenproduktionen eingesetzt worden; nach dem Wechsel in den Norden hatte Tanja Probst gehofft, sich im größeren Flensburger Theater ganz auf ihr eigentliches Metier konzentrieren zu können. Aber auch in Flensburg werden die Tänzer mehr und mehr fachfremd eingesetzt, und das ging Tanja Probst je länger, je mehr an die Substanz. Im Frühjahr zog sie die Konsequenz und kündigte. "Es ging einfach nicht mehr weiter."

Und jetzt? In unmittelbarer Nachbarschaft des Theaters und von Tanja Probsts Wohnung am Flensburger Nordergraben befindet sich eine Ballettschule; dort unterrichtet sie momentan und hält sich tänzerisch fit; im übrigen bewirbt sie sich auf Stellenangebote in den Fachpublikationen und hofft auf Einladungen zum Vortanzen – eine hat sie schon bekommen.

Sie nutzt die Zeit aber auch, um in der Ebinger Bühlstraße bei ihrem allerersten Ballettlehrer vorbeizuschauen – und wenn sie mal da ist, dann tanzt sie auch, und nicht nur zu Trainingszwecken. Bei ihrem jüngsten Besuch haben sie und Armin Weiß gemeinsam eine knapp sechsminütige Choreographie nach der Musik des "Benedictus" aus Karl Jenkins Messe "The Armed Man" erarbeitet und dazu noch Max Richters zweiminütiges "Berlin by Overnight" choreographiert. Die beiden Ballettminiaturen, findet Tanja Probst, wären durchaus konkurrenzfähig auf der Bühne eines größeren Hauses. Wer weiß, vielleicht ergibt sich ja einmal die Gelegenheit.