Foto: Schwarzwälder-Bote

Wie gibt man Worte wieder, die man selbst niemals in den

Wie gibt man Worte wieder, die man selbst niemals in den Mund nehmen würde? Worte von vermeintlich besonders "guten Deutschen", die übrigens noch nicht einmal in gutem Deutsch abgefasst sind? Jetzt ist es also so weit: Jetzt schlagen sich nicht nur die Menschen im Nahen Osten gegenseitig die Köpfe ein aus vorgeblich religiösen Gründen – jetzt werden auch in unserer Region wieder Menschen wegen ihres Glaubens beschimpft und zwar nicht nur in hohlen Schreiben an unsere Lokalredaktion, sondern auch in dummen Schmierereien an der Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten.

Da haben einige den Schlag noch nicht gehört: Die Nazis haben kapituliert, und zwar vor demnächst 70 Jahren schon, sind gescheitert an den Waffen ihrer Gegner, aber vor allem an ihrer kruden Ideologie, die schon im 20. Jahrhundert weit überholt war: in einem Land und auf einem Kontinent, die seit Jahrtausenden von der Vermischung der Völker und von den Einflüssen anderer Kulturen geprägt – und befruchtet – werden. Nun holen also ein paar ewig Vorgestrige wieder die alten Nazi-Symbole aus der Mottenkiste und schmieren sie an Wände. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Stadt Meßstetten, wo Bevölkerung und ehrenamtliche Helfer in großer Zahl die Menschen aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens sowie vom Balkan mit offenen Armen und unglaublich großer Hilfsbereitschaft empfangen haben. Dass die "LEA" in Spenden – Kleidung und Spielsachen – fast ertrinkt, ist nur eines von vielen Indizien dafür,

Christen wehren sich immer gerne mit dem Hinweis auf die dazwischenliegenden Jahrhunderte dagegen, mit den mittelalterlichen Inquisitoren, mit grausamen Kreuzrittern und verblendeten Ketzern in Verbindung gebracht zu werden. Warum also lassen wir zu, dass alle Menschen aus Ländern, in denen der Islam vorherrscht, in einen Topf geworfen werden mit IS-Kämpfern, deren Grausamkeit durch wirklich nichts mehr zu überbieten ist? Eines dürfen wir nicht vergessen: Bei vielen jener Personen, die – nur mit dem, was sie am Leib tragen – hierher kommen, um ihr Leben in Sicherheit zu bringen, handelt es sich um Christen.

Unter den Opfern des Terrors östlich des Mittelmeeres sind allerdings auch viele Muslime. Weil sie ihren Glauben so verstehen, wie der Koran ihn definiert hat: als friedliche Religion, in der Mitgefühl mit den Schwachen übrigens eine große Rolle spielt.

Die Ahmadiyya-Gemeinde, die es weltweit, unter anderem in Albstadt gibt, hat das längst verstanden und setzt sich unter dem Motto "Liebe für alle – Hass für keinen" für Toleranz und friedliches Miteinander ein. Wenn die Gemeinde auffällt, dann positiv: An Neujahr kehren sie Silvester-Böller und Bierflaschen zusammen, und am Tag der offenen Moschee – wie auch sonst – heißen sie jeden willkommen, der im Gebäude in der Schmiechastraße reinschaut.

Religion ist etwas Privates. Sie ist dazu da, uns jene Antworten zu geben, die uns die Wissenschaft und die Philosophie schuldig bleiben. Und woran ein Mensch glaubt, darf nicht entscheidend dafür sein, wie man ihm begegnet. Jesus Christus, der als Jude geboren wurde und gestorben ist, hat das genauso gesehen, wenn wir uns nur an die Bibelstelle vom römischen Hauptmann erinnern, der um Hilfe für seinen kranken Diener bat.

Von Jesu Lehre werden sich die Urheber der Hass-Tiraden und Nazi-Schmierereien gegen Flüchtlinge nicht beeindrucken lassen. Eine Rolle spielt das nicht – solange es genügend Menschen gibt, die dem etwas entgegensetzen. So viel Mut sind wir uns schuldig, egal woran wir glauben.