Norbert Kiefers Stunden an diesem Schreibtisch sind gezählt: Von Mittwoch an ist der Leiter der Musik- und Kunstschule Albstadt Ruheständler. Foto: Kistner Foto: Schwarzwälder-Bote

Norbert Kiefer, der Leiter der Musik- und Kunstschule Albstadt, geht in den Ruhestand

Von Martin Kistner

Albstadt-Ebingen. 20 Jahre und einen Monat lang war Norbert Kiefer Leiter der Musik- und Kunstschule Albstadt. Jetzt bleiben ihm noch zwei Tage, um seinen Schreibtisch auszuräumen: Am 1. Oktober geht er in den Ruhestand.

Norbert Kiefer ist Jahrgang 1952, gebürtiger Pforzheimer – "Dachtraufschwaben" nennen sich die Württemberger im Grenzland zu Baden selbst – und gelernter Grundschullehrer. Studiert hat er Deutsch und Musik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, anschließend noch ein Studium der klassischen Gitarre drangehängt und dann kurzzeitig an einer Bietigheimer Grundschule unterrichtet. Er wechselte jedoch schon bald an die Pforzheimer Jugendmusikschule; als er sich 1994 um die Nachfolge von Arno Witzenbacher als Albstädter Musikschulleiter bewarb, war er selbst schon kommissarischer Leiter in Pforzheim.

Der Wechsel nach Albstadt im September 1994 bedeutete gleichwohl einen Aufstieg, da die Stadt Albstadt ihre Jugendmusikschule finanziell wesentlich großzügiger ausgestattet hatte als die Pforzheimer ihre. In den ersten Amtsjahren verfolgte der neue Mann einen Kurs der Diversifizierung, dem die Kunstschule ihre Entstehung verdankt – durch die Gründung wurde 1996 aus "JMS" "MuKS". Die Albstädter waren damit Pioniere, und bis heute ist die Kombination von Musik und Kunst eher die Ausnahme als die Regel. Aber sie funktioniert; die "MuKS" kann an die 100 Kunstschüler vorweisen.

Andere Versuche, das Programm zu erweitern, scheiterten dagegen; weder die Ballettschule noch die Theaterklasse und die Zirkusschule kamen aus den Kinderschuhen heraus. Der Hauptgrund dafür war laut Kiefer Lehrermangel: Es erwies sich als unmöglich qualifizierte Kräfte längerfristig auf die Alb zu locken – professionelle Tänzer, Schauspieler und Artisten sind offenbar Großstadtpflanzen und verirren sich nicht ohne weiteres auf die Alb.

Noch in einer anderen Hinsicht war Diversifizierung charakteristisch für die Ära Kiefer: Von der typisch deutschen Unterscheidung zwischen E- und U-Musik hat er nie viel gehalten; Gartenzäune gegen das Eindringen von Pop, Rock oder Jazz ins Angebot zu errichten, lag ihm fern. Auch mit der Blasmusik lebte er auf gutem Fuß; die Klagen, welche die Vereine noch zu Anfang der 90er Jahre gegen Klassik-Snobismus an den Jugendmusikschulen erhoben, hört man heute nicht mehr.

Allerdings, betont Kiefer, sei auch die Gesellschaft eine andere geworden: Die Erosion des Bildungsbürgertums, das Literaturkanon und Hausmusik hochhielt, sei weit fortgeschritten; das aktive Musizieren werde längst nicht mehr als unverzichtbares Signum von Bildung begriffen – "nice to have", so Kiefer, fänden es viele, aber es gehe auch ohne.

Was freilich auch bedeutet, dass das Erlernen eines Instruments keine Domäne einer bestimmten Klasse mehr ist. Mit dem Projekt "MuKis" hat Norbert Kiefer – wie viele andere im Land – versucht, das Musizieren als "Breitensport" zu etablieren, den gar nicht genug Kinder betreiben können. Wobei er die Kinder nicht als seine exklusive Klientel ansah. Im Gegenteil, der Anteil der Erwachsenen und vor allem der Senioren an der Kundschaft werde stetig wachsen, prophezeit er, das bringe schon die demografische Entwicklung mit sich.

Die Krise der kommunalen Finanzen hat Kiefers letzte Dienstjahre überschattet – die Schließung konnte 2011 abgewendet werden, aber gern erinnert er sich nicht an diese Zeit. 2016 kommt die Schulfinanzierung wieder auf den Prüfstand, aber das muss ihn nicht mehr kümmern. Er wird künftig mehr Zeit zum Reisen im Wohnmobil und für seine Glaskunst haben. Und für die Musik natürlich auch.