Foto: Schwarzwälder-Bote

Dass die Menschen sich Fragen stellen, ist an sich ein gutes

Dass die Menschen sich Fragen stellen, ist an sich ein gutes Zeichen: Jedes Mal, wenn Waldarbeiter mehr als einen Baum fällen, kommt der eine oder die andere in die Lokalredaktion seiner oder ihrer Zeitung, tiefe Sorgenfalten auf der Stirn, und will wissen, ob das nicht des Guten zu viel sei. Vor nicht allzu langer Zeit war es ein Pfeffinger, der sogar mit der Kamera losgezogen ist, um den Raubbau am Wald vor seiner Haustür zu dokumentieren, und erst kürzlich waren es Eheleute samt ihrem Kind, die Geschäftemacherei der Stadt Albstadt auf Kosten der Natur witterten.

Auch im Gemeinderat Winterlingen tauchte in dieser Woche die Frage auf: Fällen die Waldarbeiter nicht mehr als der Wald verträgt? Wie praktisch, wenn dann zwei gestandene Forst-Fachleute parat stehen oder vielmehr sitzen, die sofort eine klare Auskunft geben können: Klaus Richert, seit diesem Sommer Leiter des Forstamtes Albstadt, und dessen Geschäftsführer Eugen Seyboldt. Die Zahl, die sie nannten, vermochte die Diskussion zum Stillstand zu bringen: 500 Millionen Festmeter Holz – ein paar mehr oder weniger – stünden aktuell in den Wäldern Baden-Württembergs. 1987 seien es noch 460 Millionen Festmeter gewesen. Die Schlussfolgerung ist sonnenklar: Der Wald wächst – nicht nur in die Höhe, sondern auch in der Fläche. Kein Grund also zur Besorgnis.

Freilich: Manchmal sind es schon recht große Flächen Waldes, die der Motorsäge zum Opfer fallen, was natürlich vor allem dann auffällt, wenn das am Rand desselben, in der Nähe von Spazier- und Wanderwegen oder vielbefahrener Straßen geschieht. Was tief drin im Wald passiert, fällt weniger auf und wird deshalb auch nicht so schnell zum Stein des Anstoßes.

Eines setzen wir jetzt einfach mal voraus: Wenn Forstleute Bäume fällen lassen, dann denken sie sich etwas dabei. Nicht umsonst waren sie es, die den Begriff "Nachhaltigkeit" geprägt haben und zwar zu einer Zeit, als noch kein Mensch von Umweltschutz gesprochen hat: vor exakt 301 Jahren. Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann am kursächsischen Hof in Freiberg, ist es 1713 gewesen, der in seinem Werk "Silvicultura oeconomica" Grundsätze aufgestellt hat, die sicherstellen sollten, dass stets genug Holz zum Bau von Silberminen vorhanden war. Heute wird Holz für vieles andere gebraucht, und der Bedarf an Brennholz – auch das wissen Richert und Seyboldt – steigt weiter. Die findigen Forstleute haben deshalb den Preis etwas hoch gesetzt. Vielleicht auch um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Holz ein wertvoller Rohstoff ist und – CO2-neutral hin oder her – nur mit Maß und Ziel verfeuert werden sollte.

Dasselbe gilt für andere Verwendungszwecke. Papier zum Beispiel. Wer macht sich heute, 30 Jahre nach der Zeit, da der Begriff "Waldsterben" in aller Munde und plötzlich graues Recycling-Papier en vogue war, Gedanken über die Endlichkeit von Ressourcen, wenn er oder sie stoßweise weiße Blätter durch den Drucker rauschen lässt, etwa um E-Mails nicht am Computerbildschirm lesen zu müssen? Die Gemeinden, denen zuweilen schnell unterstellt wird, sie würden die Holzernte forcieren, um ihre Kassen aufzufüllen, tun es: Fast alle Verwaltungen im Raum Albstadt drucken ihre Vorlagen für Gemeinderatssitzungen – und viele andere Schreiben – auf Recyclingpapier, das anderswo längst nicht mehr so gefragt ist wie weißes. Sie wissen, dass auch nachfolgende Generationen noch Holz im Wald ernten wollen. Und sollten sie es doch mal vergessen: Die Nachhaltigkeitsbehörde erinnert sie bestimmt daran.