Fotos: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

Stadt verabschiedet Rainer Günther aus dem Arbeitskreis Chambéry

Von Karina Eyrich

Die Überraschung war gelungen: Zum Abschied von Rainer Günther als Vorsitzender des Arbeitskreises Chambéry sind gestern Freunde aus der Partnerstadt gekommen – und viele jener Albstädter, die wissen, wie viel Günther zu verdanken ist.

Albstadt-Ebingen. Die "französisch-deutsche Verdienstmedaille" der "Vereinigung deutsch-französischer Gesellschaften für Europa", die ihm Alain Laury, Vorsitzender des Partnerschaftskomitees in Chambéry, ansteckte, war nur eines der vielen Geschenke, die Rainer Günther nach 16 Jahren als Vorsitzender des Arbeitskreises Chambéry – und nach 40 Jahren als Mitschaffender – erhalten hat.

Der Besuch der französischen Freunde war die Überraschung des Abends im Kräuterkasten, der so eng mit dem bürgerschaftlichen Engagement von Rainer und Ursel Günther verbunden sei, wie Oberbürgermeister Klaus Konzelmann betonte.

Weil eine Laudatio auf den Mann mit den vielen Ehrenämtern eine abendfüllende Sache sei, griff Konzelmann das Wesentliche aus seinem Wirken im Arbeitskreis Chambéry heraus, das mit der Betreuung der französischen Gäste 1975 begonnen habe. Als junger Deutsch- und Französischlehrer am Gymnasium sei Günther prädestiniert gewesen und habe als "Motivator und Impulsgeber" den nicht leichten Prozess – Alt-Oberbürgermeister Hans Pfarr und Günther nickten schmunzelnd – bis zur Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde begleitet, "stets im Bestreben, Brücken zu bauen". Für Günther eine "Herzensangelegenheit" sei die Gründung des Arbeitskreises wenig später gewesen, sei es ihm doch um die Begegnung der Bürger und dauerhafte Verbindungen gegangen – nicht nur bei Besuchen zu Jubiläen alle fünf Jahre.

Ritter vom Orden der akademischen Palmen ist Rainer Günther längst

Aus der Taufe gehoben habe Günther – mit seinem französischen Kollegen und Freund Julien Viret – den Schüleraustausch, der bislang 6000 Schüler nach Chambéry gebracht habe. Seminare, bilaterale Fachtagungen, Ferienwochen und vieles mehr gehörten dazu und brachten Günther 2003 eine der höchsten französischen Auszeichnungen ein: "Ritter vom Orden der akademischen Palmen", 1808 von Napoleon gegründet. 2004 folgte das Bundesverdienstkreuz am Bande. "Mit großem Respekt" verneigte sich Konzelmann vor Günthers Verdiensten, dankte aber auch dessen Frau Ursel, die ihn all die Jahre unterstützt und unzählige Gäste aus Chambéry in ihrem Haus beherbergt habe.

Zwar hinterlasse Günther eine Lücke, aber auch ein "gut bestelltes Haus": junge, zupackende Mitglieder, ein gut strukturierter Vorstand und gute Zusammenarbeit mit dem Kulturamt seien Garanten dafür, dass sein Lebenswerk behutsam mit neuen Visionen fortgeführt werde.

Konzelmanns Beitrag dazu, dass Günther seinen "wohlverdienten Ruhestand genießen" kann – ein Weinpräsent – kommentierte dieser mit den Worten: "Das Problem mit den Weinflaschen lässt sich leicht lösen." Ein größeres Problem seien da schon "die vielen Bilder und Rahmen in einem Haus mit vielen Glaswänden". Sein Nachfolger im Arbeitskreis, Hans-Joachim Hofmann, hatte ihm eine Bildcollage – und einen Schlemmerkorb – überreicht, bekannte, inzwischen "vom Chambéry-Virus angesteckt" zu sein, und ist doch ein bisschen sauer auf Günther, dass er ihm "so große Fußstapfen hinterlassen" habe: "Es ist nicht leicht, sie auszufüllen."

Geschenke für "Mister Bisoro" dürfen nicht fehlen

Rolf Armbruster kam dafür mit Wein aus dem Rhône-Gebiet und dankte Günther für seine Unterstützung beim Patenschaftsprojekt der beiden Partnerstädte in Bisoro/Burundi, wie Konzelmann es zuvor ebenfalls getan hatte. Was Armbruster – in Albstadt "Mister Bisoro" genannt – mit viel Arbeit und Herzblut für die Menschen in dem westafrikanischen Land erreicht hatte, würdigte Alain Laury, charmant übersetzt von Claudia Schnau-Keppler, mit einem gerahmten Foto, Wein und einem Scheck über 1200 Euro für Bisoro, wo derzeit wieder Unruhen herrschen, weshalb Armbruster darauf verzichten musste, Günther ein Geschenk von dort zu bringen.

In seinem Dank – "’s wär net neitig g’wäe" – erinnerte Rainer Günther an viele Weggefährten: Serge Herlin und Julien Viret, "ohne welche die Partnerschaft nie zustande gekommen wäre", Francis Ampe und Hans Pfarr, die Aktiven in Vereinen, Schulen, Orchestern, Kirchengemeinden und im Kulturamt, darunter Rolf Armbruster und Heide-Rose Hauser, die zehn Jahre seine Stellvertreterin war. "Alles war nur möglich, weil viele beteiligt waren."

"Für unsere Generation war Aussöhnung das zentrale Thema", sagte er. "Heute ist die Euphorie der Anfangsjahre verflogen", doch es sei gerade ein Erfolg der gemeinsamen Arbeit, dass der Austausch selbstverständlich geworden sei. Nach einer aktuellen Umfrage liege Chambéry auf Platz sechs von 304 französischen Städten, was die Lebensqualität angeht, und Günther ermutigte alle, die Partnerstadt zu besuchen.

"Das Amt aufzugeben, ist mir schwer gefallen", sagte Günther abschließend. Leichter gemacht habe es ihm die Tatsache, "dass eine so aktive, dynamische Mannschaft da ist". Erfahrung sei gut und nützlich, "aber sie kann auch ein Bremsklotz sein, wenn junge Leute Neues ausprobieren wollen".