Aktivposten Siegfried Binder wird heute – unglaublich – 70. Foto: Kistner Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Der Unternehmer und Ebinger WSV-Vorsitzende Siegfried Binder wird heute 70 Jahre alt

Albstadt-Ebingen. Die meisten Männer in den sogenannten "besten Jahren" wären mit dem, was er sich zumutet, überfordert: Siegfried Binder führt ein mittelständisches Unternehmen der Kategorie "Global Player" und parallel einen der erfolgreichsten Vereine Albstadt – und beides nicht mit lässiger Nonchalance, sondern mit der ihm eigenen Verve und Tatkraft.

Wer ihn sieht und in Aktion erlebt, würde nicht glauben, dass er heute 70 Jahre alt wird.

Siegfried Binder wurde in Ebingen geboren, war der Sohn von Armin und Gertrud Binder und der Enkel von Richard Binder, dem Begründer der Firma Reseda, Hersteller von Paraffinringen für die Textilindustrie. Er wuchs mit zwei älteren Schwestern auf, besuchte Grund-, Real- und kaufmännische Berufsschule und fing mit 16 seine kaufmännische Lehre in der elterlichen Firma an. 1972 trat er in die Geschäftsführung ein, 1983 übernahm er das Unternehmen vom Vater.

Für die Textilindustrie waren die 1980er- und 90er-Jahre Jahrzehnte des Niedergangs – Zulieferer Reseda behauptete sich. 1995 kaufte Siegfried Binder den italienischen, 1997 den spanischen Konkurrenten, 2002 baute er in den Ehestetter Galgenwiesen eine neue Produktionsstätte, 2013 wurde zwei Sommerabende lang das 100-jährige Bestehen des Unternehmens gefeiert – erst im Brauhaus, dann in der Festhalle. Reseda ist Weltmarktführer und hat Vertretungen in 65 Ländern – 42 davon entsandten Gratulanten. Internationaler kann ein Fest nicht sein.

Noch präsenter in Albstadts öffentlichem Leben als der Unternehmer Siegfried Binder ist der Vereinschef. 1982 übernahm er von Gerhard Rehfuss den Vorsitz des WSV Ebingen und machte ihn in den folgenden dreieinhalb Jahrzehnten – mittlerweile sein halbes Leben – zu einem der namhaftesten und erfolgreichsten Wintersportvereine Südwestdeutschlands. 1983 wurde der Kinderlift gebaut, 2006 die Konsequenz aus Klimawandel und schwindender Schneesicherheit gezogen – der WSV Ebingen verfügt seither als einziger Verein auf der Südwestalb über eine Beschneiungsanlage, die ihn zwar nicht gänzlich unabhängig von den Temperaturen, aber immerhin von den Niederschlägen macht. 15 Jahre lang richtete der WSV in St. Moritz FIS-Rennen aus, viermal Deutsche Meisterschaften – mittlerweile finden die FIS-Rennen am Degerwand-Skihang statt. Auch als Ausrichter von sommerlichen Inline-Downhill-Weltcups und sogar einer Weltmeisterschaft ist der WSV hervorgetreten; dass er davon Abstand genommen hat, ist nicht mangelnder Initiative geschuldet, sondern den Schlaglöchern der Rennstrecke im Raidental. Die Lust an Großveranstaltungen ist Siegfrid Binder keineswegs vergangen – man denke nur an den Ski-Cross-Europa-Cup, der im Februar am Ebinger Skihang über die Bühne ging.

Gelegentlich spürt auch er die Last der Jahre

Unverwüstlich? Gelegentlich, räumt Binder ein, spürt auch er die Last der Jahre. Der Umstand, dass seit dem Niedergang der heimischen Textilindustrie 95 Prozent seiner Kunden in Ausland und vielfach in Übersee sitzen, nötigt ihn dazu, an rund 120 Tagen im Jahr auf Geschäftsreise zu gehen; das steckt auch einer wie er nicht ohne weiteres weg. An einen Rückzug aus dem Geschäftsleben denkt er gleichwohl nicht – eher schon an einen Verzicht aufs Ehrenamt. Allerdings gibt es zu seinem Leidwesen keinen im WSV, der bereit wäre, seine Nachfolge anzutreten; am Donnerstag ist er erneut für eine weitere Amtszeit gewählt worden.

Finanziell und in Sachen Infrastruktur weiß er den WSV gut gerüstet für die Zukunft; was ihm Sorgen macht, ist die Personaldecke: "Wenn in einem Verein mit 750 Mitgliedern der Vorsitzende persönlich am Grill steht und Würste wendet, dann stimmt irgendetwas nicht."

Anders als die früheren runden Geburtstage feiert Siegfried Binder den 70. nicht im großen Stil – zumindest nicht sofort. Er verbringt ihn lieber an einem Ort, der geheim bleibt und von dem man nur ahnen kann, dass die Topografie nicht ganz flach ist. Mit dabei: Ehefrau Helen, Sohn Michael und nicht zuletzt Enkelin Fiona. Die hat heute auch Geburtstag – sie wird neun.