Wie viele der Besucher kommen am verkaufsoffenen Sonntag wegen der Geschäfte? Foto: Kistner

Ebinger Handels- und Gewerbeverein fürchtet um diesjährige Termine. Wie solide ist ein Fischmarkt?

Albstadt-Ebingen - Der Handels- und Gewerbeverein (HGV) Albstadt-Ebingen will 2017 zwei verkaufsoffene Sonntage veranstalten – und bangt zwei Monate vor dem ersten der beiden Stichtage, es könnte ihm jemand einen Strich durch die Rechnung machen. Etwa die Gewerkschaft ver.di.

Das Problem und die Diskussion sind nicht gerade taufrisch: Maximal drei verkaufsoffene Sonntage dürfen in einer Gemeinde stattfinden, vorausgesetzt, es geht zeitgleich eine Großveranstaltung von "überregionaler Bedeutung" und Anziehungskraft über die Bühne.

Doch was ist das – eine Großveranstaltung von "überregionaler Bedeutung"? Die baden-württembergischen Gemeinden legen die fragliche Rechtsverordnung seit einem Jahrzehnt recht großzügig aus, so dass gelegentlich der Eindruck entstehen konnte, nicht der Hund "Großevent" wackle mit dem Schwanz "verkaufsoffener Sonntag", sondern der Schwanz mit dem Hund. Der Einzelhandel, so wurde und wird auch in Albstadt argumentiert, brauche in Zeiten, da nicht mehr eingekauft, sondern "geshoppt" werde, wenigstens zwei verkaufsoffene Sonntage im Jahr, wenn er sich gegen die Konkurrenz in der Nachbarschaft und vor allem im Internet behaupten wolle.

Was hat die Ebinger Geschäftsleute dann auf einmal aufgescheucht? Im November 2015 erging ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die "überregionale Veranstaltung" gewisse Bedingungen erfüllen müsse: Sie dürfe nicht aus dem Nichts entstanden sein, sie müsse per se mindestens ebenso viel Publikum anziehen wie die offenen Geschäfte, und sie müsse in angemessener Nähe zu diesen Geschäften über die Bühne gehen. Dem "Laissez-faire" wird dadurch ein Riegel vorgeschoben – vorausgesetzt, es findet sich ein Kläger, der den Richter anruft. In Stuttgart und in Sindelfingen ist das 2016 geschehen: Die "Allianz gegen den verkaufsoffenen Sonntag", der neben den Kirchen und dem DGB auch ver.di angehört, zwang die Stuttgarter zum Verzicht.

Den Sindelfinger verkaufsoffenen Sonntag konnte sie dagegen nicht verhindern, aber nur deshalb, weil die Verwaltungsrichter eine einstweilige Verfügung nicht für gerechtfertigt hielten. Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.

Mit Albstadt hat sich die Allianz bislang nicht befasst – HGV-Chefin Manuela Früholz ist trotzdem nervös. Die zweitägige "Narrenbörse" der Zunft Alt-Ebinga am ersten Novemberwochenende, eine Premiere, dürfte schwerlich die Anforderungen erfüllen, welche die Leipziger Verwaltungsrichter in punkto Besucherzahl stellen. Und der verkaufsoffene Sonntag am 26. März? Er sekundiert wie in den vergangenen Jahren einem Gastspiel des "Hamburger Fischmarkts". Traditionsveranstaltung? Im Prinzip ja. In angemessener Nähe zu dem Geschäften? Ebenfalls ja.

Und die Besucherzahl? Das ist die Preisfrage – wer kann so genau sagen, wie viele der Tausende, die in früheren Jahren in die Fußgängerzone kamen, wegen der Marktschreier kamen und wie viele wegen der Geschäfte? Manuela Früholz hat prophylaktisch bei der Veranstalterfirma "Der Oldenburger" angefragt, ob diese Erfahrungswerte – mit und ohne Sonntagsverkauf – vorweisen könne, und hofft auf eine möglichst selbstbewusste Antwort. Und darauf, dass ver.di anderes zu tun hat, als landesweit die Anlässe verkaufsoffener Sonntag auf den Prüfstand zu stellen. Denn wo kein Kläger, da kein Richter.