Ein Prozess mit aktuellem Bezug fand gestern in Hechingen statt. Foto: Archiv

49-Jähriger wegen Betrugs auf Bewährung verurteilt. Anspielung auf zu Guttenberg.

Hechingen/Albstadt - Die Plagiats-Affäre um Karl-Theodor zu Guttenberg sorgt für Schlagzeilen. Dass Schwindeleien im Zusammenhang mit akademischen Titeln auch für Normalbürger ein Nachspiel haben, zeigt der Fall eines 49-Jährigen.

Vor dem Amtsgericht Hechingen musste sich gestern ein 49-Jähriger aus dem Raum Gammertingen verantworten. Der Angeklagte hatte sich 2002 bei einem großen Albstädter Unternehmen um den Geschäftsführerposten der chinesischen Tochtergesellschaft beworben. Dabei hatte er sich als Diplom-Wirtschaftsingenieur FH ausgegeben und einen Doktortitel für sich beansprucht – akademische Grade, über die er in Wahrheit nicht verfügte.

Mit gefälschte Zeugnissen und einem erheblich »geschönten« beruflichen Werdegang schaffte er es, den Posten zu ergattern. Als Jahresgehalt verlangte er 80 000 Euro, die ihm auch gewährt wurden. Vor Gericht war der Mann, der nach der Fachhochschulreife eine Sprachenschule besucht und einige Jahre als Übersetzer gearbeitet hatte, gestern umfassend geständig: »Ich habe mir die Geschäftsführung in China erschlichen und dabei verabscheuungswürdig und respektlos gehandelt«, so der Angeklagte.

Anderthalb Jahre lang ging die Sache gut

Anderthalb Jahre ging die Sache in China gut, über die Arbeit des neuen Geschäftsführers gab es seitens der Unternehmensleitung offensichtlich keine Beschwerden. Dann stellte sich im April 2004 heraus, dass der Angeklagte seinem Arbeitgeber mehrere private Ausgaben – darunter die Dienste eines Hausmädchens – in Rechnung gestellt hatte. Außerdem hatte er seine Ehefrau als »Assistentin der Geschäftsleitung« auf die Gehaltsliste der Firma setzen lassen, obwohl sie nicht über die entsprechende Qualifikation verfügte.

Bei Überprüfung dieser Unregelmäßigkeiten kamen der Betrug und die Urkundenfälschung schließlich ans Licht. Dass das Amtsgericht Fürth bereits 2002 wegen ähnlicher Delikte gegen den Gammertinger ermittelt und ihn 2003 verurteilt hatte, war seinem damaligen Arbeitgeber nicht bekannt gewesen. Als die Staatsanwaltschaft Hechingen 2004 ihre Ermittlungen gegen den mittlerweile vorbestraften Mann aufnahm, hatte sich dieser nach Asien abgesetzt.

Der Bezug zur aktuellen Politik

Auf die Frage der Staatsanwältin, warum er sich plötzlich so reuig zeige, wo er sich doch sechs Jahre lang der Verfolgung durch die deutschen Behörden entzogen habe, gab der Mann an, »einen Sinneswandel« vollzogen zu haben: »Ich habe erkannt, dass Betrügereien sich nicht lohnen. Damals hatte ich nicht das Bewusstsein, das ich heute habe. Dass Lügen und Respektlosigkeit verabscheuungswürdig sind, zeigt ja auch ein aktuelles Beispiel aus der Politik«, gab der 49-Jährige in Anspielung auf die Affäre um Karl-Theodor zu Guttenberg an.
Für die Staatsanwältin schien es jedoch wahrscheinlicher, dass der Angeklagte nicht aus Reue nach Deutschland zurückgekehrt ist, sondern in der Annahme, die Taten seien nach fünf Jahren verjährt.

Am Ende wurde der Gammertinger, der seit zweieinhalb Monaten in Untersuchungshaft sitzt, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss er eine Geldstrafe in Höhe von 2500 Euro zahlen.

Der vorsitzende Richter Ernst Wührl begründete das Strafmaß damit, dass sich der Angeklagte durch die gefälschten Zeugnisse und die falschen Angaben eine »Vertrauensstellung« in der Firma erschlichen habe. Dass er seine Arbeit, wie von der Verteidigung angeführt, ordnungsgemäß erledigt habe, spiele hier keine Rolle. »Es ist und bleibt ein Betrug«, so der Richter.