Im Foyer der Zollernalbhalle stimmte sich die AfD auf den Bundestagswahlkampf ein. Foto: Eyrich

AfD stimmt sich auf Bundestagswahlkampf ein. Im Januar nominierter Kandidat wird nicht erwähnt.  

Albstadt-Tailfingen - Knapp 50 Besucher haben am Mittwochabend in der Zollernalbhalle den Wahlkampfauftakt der AfD für den Wahlkreis Zollernalb/Sigmaringen erlebt – ohne den im Januar als Bundestagskandidat nominierten Heinrich Fiechtner, über den weder Landtagsabgeordneter und Kreisverbandssprecher Stefan Herre noch die Redner Martin Hess und Marc Jongen sprachen.

Das Landgericht Stuttgart will am Donnerstag und damit am Tag der von den AfD-Kreisverbänden Zollernalb und Sigmaringen geplanten Neu-Nominierung über den Antrag Fiechtners auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entscheiden. Fiechtner ist mittlerweile in großen Teilen der AfD in Ungnade gefallen. In der Versammlung im Ebinger Brauhaus Zollernalb soll Fiechtner zunächst formal abgewählt, anschließend ein neuer Kandidat für den Wahlkreis nominiert werden.

Genau dagegen geht Fiechtner vor: Er sieht sich als rechtmäßig nominierten Kandidaten. Diese Ansicht hatte das Stuttgarter Landgericht in einer ersten Einschätzung des Falls geteilt (wir berichteten). Andrea Zürcher, die stellvertretende Vorsitzende des AfD-Kreisverbands Sigmaringen, hatte sich die "Einmischung" des Stuttgarter Landgerichts im Gespräch mit unserer Zeitung verbeten: Die Nominierung sei eine innerparteiliche Angelegenheit; eine Entscheidung des Landgerichts dafür "ohne Bedeutung".

Dazu sagte Fiechtner am Mittwoch, dass sich Zürcher mit diesen Aussagen als AfD-Funktionärin "unmöglich" gemacht habe und eigentlich ein Parteiausschluss Zürchers notwendig sei, da sie offenkundig mit elementaren Prinzipien des Rechtsstaats gebrochen habe.

All das spielte am Mittwochabend keine Rolle. Während draußen mehrere Verbände, Gewerkschaften und Gruppen gegen die AfD demonstrierten, stellte Herre im Foyer die Ziele der Partei vor, bezeichnete es als undemokratisch, dass andere Parteien im Landtag Anträge der AfD nicht unterstützten, obwohl diese "sinnvollen" Anträgen der anderen zustimme, und lobte seine Fraktion: Keine andere sei "so fleißig".

Anschließend sprach Martin Hess, im Brotberuf Polizeihauptkommissar, der anhand von "Fakten, wie sie wirklich sind", die "veröffentlichte Meinung" über Geflüchtete, Migranten und "Flüchtlingskriminalität", wie er sagte, "korrigieren" wolle.

Der gebürtige Südtiroler Marc Jongen, Sprecher der AfD Baden-Württemberg, wetterte abschließend über die "Schmurgel-Politik" von Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz sowie über ein System, in dem "die obersten Vertreter der Amtskirchen bezahlte Staatsdiener" seien, die nur noch gegenüber dem Islam Demut zeigten.

Die "Schmurgel-Politik" sei die "Politik einer umfassenden Enteignung Deutschlands". Das Bundeskabinett bezeichnete Jongen als "Gruselkabinett", Bundesjustizminister Heiko Maas als "Bundeszensurminister".

"Wie kriegen wir die Ignoranz aus den Köpfen raus, wenn wir hier rational argumentieren?", fragte ein Zuhörer im Anschluss an die Reden und fügte mit Blick auf die aktuell hohen Zustimmungswerte für Kanzlerin Merkel und ihre Politik hinzu: "Die sehen nur die blühenden Landschaften und nicht, auf welch’ dünnem Eis wir uns bewegen." Jongens Antwort: Dieser "massiven Propaganda" sei schwer beizukommen.