Durch den gemeinsamen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt in Ebingen wollten die Schülerinnen des Seminarkurses den Flüchtlingen ein Stück deutscher Kultur vermitteln. Foto: Schober Foto: Schwarzwälder-Bote

Flüchtlinge: Projekt des Wirtschaftsgymnasiums im Rahmen des Seminarkurses "Schule und Integration"

Die Schüler der zwölften Klasse des Wirtschaftsgymnasiums Albstadt kümmern sich in einem speziellen Projekt um die Flüchtlinge an ihrer Schule. Im Rahmen des Seminarkurses "Schule und Integration" unternehmen sie gemeinsame Aktionen.

Albstadt. "Es geht um die Aufgabe, mit den Flüchtlingen an der Schule in Kontakt zu kommen", sagen Nina Schober und Michelle Richter. Die beiden 17-jährigen Schülerinnen des Wirtschaftsgymnasiums in Albstadt absolvieren seit einem Jahr in der zwölften Klasse freiwillig als besondere Lernleistung, die beim Abitur angerechnet wird, den Seminarkurs "Schule und Integration".

Immer freitagnachmittags treffen sich die Schüler für zwei bis drei Schulstunden, um neben anderem Aktionen mit den 30 bis 35 Jugendlichen – alles Flüchtlinge und Migranten –, welche die zwei Klassen am Wirtschaftsgymnasium zur Vorbereitung auf das Berufsleben ohne Sprachkenntnis besuchen, zu organisieren.

"Drei Aktionen haben wir mit den Flüchtlingen bislang gemacht", erzählen die zwei Schülerinnen, darunter einen Sportnachmittag, bei dem die Jugendlichen gemeinsam Volleyball und Fußball spielten. "Ziel war, erst mal mit den Flüchtlingen in Kontakt zu kommen." Was nicht so ganz einfach war, wie die deutschen Schüler festgestellt haben: "Es ist schwer, sich denen zu nähern; die lassen das nicht so zu." So waren die Gymnasiasten gemeinsam mit den Migranten auf dem Weihnachtsmarkt in Ebingen, um ihnen die deutsche Kultur und deutsche Traditionen zu zeigen und gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen.

Zuletzt veranstalteten die Schüler einen Flash-Mob in der Schule: "Mit einem Lied haben wir versucht, Frieden zu vermitteln." Im Foyer des Wirtschaftsgymnasiums sangen die Seminarkurs-Mitglieder zusammen mit den Flüchtlingen Lieder in sechs Sprachen: Deutsch, Hebräisch, Französisch, Italienisch, Arabisch und Türkisch. Eine Durchsage hatte alle Gymnasiasten in die Eingangshalle gelockt, wo die "Aktionisten" mit Trommeln Lärm machten und Textblätter verteilten, damit auch die anderen mitsingen konnten.

Kann ein Lied die Menschen verbinden?

"Kann ein Lied Menschen verbinden?", lautete die Frage. "Ja, das kann es", ist das Fazit der beiden Schülerinnen: "Das war gelebte Gemeinschaft mit den Flüchtlingen; und die haben sich gefreut, dass wir mit ihnen etwas unternehmen."

Der Seminarkurs dauert bis zum Ende des Schuljahres, bis Juli. Bis dahin haben die Jugendlichen in einem theoretischen Teil eine Ausarbeitung vorzulegen – alles mit Blick auf das Ziel, die Flüchtlinge an der Schule zu integrieren, etwas über ihre persönliche Geschichte zu erfahren und ihr privates Leben. "Jetzt geht es in den nächsten Wochen um das Schriftliche, darum, Ordner anzulegen und die Aktionen zu dokumentieren", erklären die beiden Schülerinnen, die für ihre Gruppe den Schwerpunkt gewählt haben, Artikel zum Thema Flüchtlinge zu sammeln, während andere Teams sich der Landeserstaufnahmestelle oder der Asylpolitik annehmen oder schauen, was die Städte für die Flüchtlinge tun.

Nina Schober und Michelle Richter werten die gesammelten Artikel danach aus, wie über die Flüchtlinge geschrieben wird, was, wieviel, in welchem Tenor, in welche Richtung. Sie listen die Zahl der Artikel, Genre und Inhalt auf.

Die Aktionen bilden den praktischen Teil. Als nächstes ist ein Spielenachmittag mit den Flüchtlingen geplant. "Es ist interessant, diese Menschen kennzulernen: Wir sammeln neue Erfahrungen, es macht Spaß und ist nicht langweilig."

Ein "bisschen Angst" hatten die beiden vor allem davor, wie die fast ausschließlich männlichen Flüchtlinge auf sie als junge Frauen reagieren. Mittlerweile ist ihr eingangs "negatives Bild" aufgebrochen: "Die Flüchtlinge sind offen und nett; sie wollen hier sein und ankommen. Sie nehmen alles mit Freude auf, sie freuen sich und schätzen es, dass sie Menschen hier haben, die sich um sie kümmern."

Anfangs müssen sie sich Respekt verschaffen

Zwar mussten sich die 17-jährigen Gymnasiastinnen anfangs etwas Respekt bei den jungen Männern verschaffen, die es gewohnt waren, anders mit Frauen umzugehen, aber inzwischen haben die Flüchtlinge die deutsche Kultur ein Stück weit verinnerlicht: zum Beispiel Pünktlichkeit, aufmerksam dem Unterricht zu folgen und nicht während der Schulstunde wegzugehen: "Jetzt werden uns sogar die Türen aufgehalten."