Pastor Walther Seiler fällt eine undankbare Aufgabe zu. Foto: Eyrich

Gemeinde wäre eine kirchliche oder diakonische Nutzungsvariante am liebsten.

Albstadt - "Mich kann man mieten – kaufen" lautet der Schriftzug. Das wäre nicht weiter ungewöhnlich, wenn das signalrote Banner nicht ausgerechnet an einem Kirchturm hinge – dem der evangelisch-methodistischen Johanneskirche in Tailfingen.

Als die evangelisch-methodistischen Gemeinden Ebingen-Meßstetten und Tailfingen-Pfeffingen sich im vergangenen Jahr zur Gemeinde Albstadt-Meßstetten zusammenschlossen, war bereits abzusehen, dass in der Konsequenz der Fusion auch eine Neuordnung des Immobilienbestands lag: Es lag einfach nahe, einen Gottesdienst mit vielen Gläubigen zu feiern – zuletzt kamen an die 100 – als zwei mit jeweils einer Handvoll. Es erschien zudem folgerichtig, diesen einen Gottesdienst in der Ebinger Pauluskirche zu feiern, denn im Gegensatz zur Johanneskirche besitzt sie einen barrierefreien Zugang zum Kirchenraum, und sie lässt sich kostengünstiger beheizen als das Tailfinger Gotteshaus, das energetisch gesehen ein Groschengrab ist. Die Pauluskirche ist künftig das Zentrum des Albstädter Gemeindebezirks – und am Turm der Johanneskirche hängt das erwähnte Banner.

Die evangelisch-methodistische Kirche ist wohlgemerkt nicht die einzige in Albstadt, die einen mittlerweile überdimensionierten Bestand an Immobilien unterhalten muss – die Gemeindeversammlung von Tailfingens evangelischer Gemeinde zum nämlichen Thema liegt nur wenige Wochen zurück, und auch in Ebingen könnte die evangelische Gesamtkirchengemeinde in mehr oder weniger ferner Zukunft vor unangenehmen Entscheidungen stehen.

So beherzt wie die Methodisten hat aber noch niemand den Stier bei den Hörnern gepackt. "Es kann nicht sein, dass wir eine Großteil unserer Kraft und Geldmittel in Häuser stecken und das ›Kerngeschäft‹, nämlich Menschen mit der Liebe Gottes zu begegnen, zu kurz kommt", sagt Pastor Walther Seiler.

Die Trauer der Gemeindeglieder um einen traditionsreichen Brennpunkt des Gemeindelebens – die Straße, in der die Johanneskirche liegt, ist sogar nach dem methodistischen "Gründervater" John Wesley benannt – kann er nur zu gut verstehen, aber die Vergangenheit darf der Zukunft nicht im Weg stehen, und deshalb schließt Seiler weder Vermietung noch Verkauf aus.

Eine kirchliche oder diakonische Variante

Was für Nachnutzungen kämen in Betracht? Die evangelisch-methodistische Kirche kennt für diesen Fall keine festen Regeln; der Gemeinde wäre eine kirchliche oder diakonische Nutzungsvariante am liebsten, doch weiß Walther Seiler auch von einstigen Kirchen, die heute Wohnhäuser oder Suppenküchen sind. Und Moscheen? Bisher, so Seiler, sei von islamischer Seite keine Anfrage gekommen, und er rechne auch nicht damit.

Im übrigen legt er großen Wert darauf, dass noch nichts präjudiziert ist. Er schließt nicht aus, dass die Johanneskirche auch künftig im Besitz der Gemeinde bleibt, wenn diese eine finanzierbare und praktikable Nutzungsmöglichkeit entdecken sollte – die evangelisch-methodistische Kirche zeichnet sich in dieser Hinsicht offensichtlich durch Kreativität aus. Walther Seiler weiß von einem Kirchengebäude, das im Wechsel als Andachtsort und als Kletterhalle genutzt wird. "Bei uns klettert halt niemand."