Tausende Menschen sind bei dem Erdbeben in Nepal ums Leben gekommen. Foto: dpa

Matthias Baumann ist im Katastropheneinsatz in Nepal. Noch nicht allzu viele Ärtze vor Ort.

Albstadt - Der Tübinger Unfallchirurg Matthias Baumann, ein gebürtiger Truchtelfinger, ist nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal nach Kathmandu geflogen, um vor Ort Soforthilfe zu leisten.

Baumann ist mittlerweile fast schon regelmäßig in Nepal, seit er eine Hilfsorganisation für die Familien jener 16 Sherpas ins Leben rief, die am 18. April am Mount Everest einer Lawine zum Opfer fielen. Er war an diesem Tag ebenfalls am Berg, verzichtete nach der Katastrophe auf den Gipfelsturm und kümmerte sich stattdessen zusammen mit anderen Ärzten im Basislager um überlebende Lawinenopfer. Später besuchte er die Familien der Toten und gründete, nach Deutschland heimgekehrt, eine Hilfsorganisation, welche die Hinterbliebenen finanziell unterstützen und für Lebensunterhalt und Schulgeld aufkommen soll.

Erst im März war er – in Begleitung eines Drehteams des SWR – wieder im Himalaya, um die Familien zu besuchen, für die er sich nun mitverantwortlich fühlt, um Spenden zu übergeben und Patenschaften für die Beschulung der Halbwaisen einzurichten.

"Flughafen völlig überlastet"

Dass Nepal nur wenige Wochen später eine noch ungleich größere Katastrophe treffen würde, konnte er zu dieser Zeit nicht ahnen. Am Samstagmittag bebte die Erde; die Erdstöße erreichten die Stärke 7,8 auf der offenen Richterskala. Tausende von Menschen wurden getötet oder verletzt, noch viel mehr verloren ihr Obdach; in der historischen Altstadt von Kathmandu fielen jahrhundertealte Tempel und Paläste in Trümmer, die zum Unesco-Weltkulturerbe gerechnet werden.

Als Baumann davon erfuhr, reagierte er sofort. Da er erst vor Tagen seine Stelle im Kreisklinikum Esslingen aufgegeben hat, um als Oberarzt in der BG-Klinik Tübingen zu arbeiten, stand er auf keinem Dienstplan und konnte aus dem Stand einen Flug buchen. Einen Tag später saß er in einer Maschine, die ihn von Frankfurt nach Kathmandu brachte; am Montagabend traf er in der nepalesischen Hauptstadt ein: "Wir mussten drei Stunden lang kreisen, ehe wir die Landeerlaubnis erhielten – und damit hatten wir noch Glück. Nicht alle Flugzeuge konnten das; der Flughafen ist völlig überlastet."

Die Frage nach einer Unterkunft beantwortete sich von selbst. In der Dunkelheit schlug Baumann sein Zelt zwischen denen der Nepalesen auf. "Viele haben nur aufgespannte Planen zur Verfügung – aber sie fürchten sich davor, in ihre Häuser zurückzukehren, selbst wenn die noch stehen. Allein heute hat es bereits zwei Nachbeben gegeben."

Als nächstes will Baumann den Krankenhäusern in Kathmandu seine Dienste als Chirurg anbieten – in der Deutschen Botschaft hat er erfahren, dass noch nicht allzu viele Ärzte vor Ort sind. Sollte es nicht möglich sein, die Nepalesen als Operateur in den Kliniken zu unterstützen, will er sich in den Camps um Verletzte kümmern. "Ich werde sehen, dass ich so viel wie möglich helfen kann – am Flughafen sind auch Mitarbeiter der Vereinten Nationen, bei denen sich freiwillige Helfer melden können." Mit diesen Worten verabschiedet er sich in eine – mit großer Wahrscheinlichkeit kurze und ungemütliche – Nacht.

Möglicherweise werden in den kommenden Tagen noch weitere Albstädter zum Katastropheneinsatz in Nepal kommen: Bereits am Wochenende erreichte eine entsprechende Anfrage der Katastrophenhilfsorganisation I.S.A.R Martina und Thomas Ristau in Onstmettingen – doch die sind, anders als Matthias Baumann, dieser Tage beruflich schwer eingespannt. Aber das dürfte sich in absehbarer Zeit ändern; es ist also durchaus möglich, dass auch sie nach Kathmandu aufbrechen, um dort ein I.S.A.R.-Team der ersten Stunde abzulösen.

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www.faszination-everest.de